Die Werbe-No-go-Area

Mit einer frauen- und fremdenfeindlichen Anzeige hat die „Hörzu“ für Aufregung gesorgt. Doch weder die Fernsehzeitschrift noch der Werberat wollten etwas Anstößiges an dem Motiv erkennen

Von Jörn Wiertz

Auf dem Schoß eines ziemlich bieder aussehenden Geschäftsmannes im Nadelstreifenanzug sitzt eine außergewöhnlich geschmückte Schwarze. Mit der unmissverständlichen Werbebotschaft versehen: „Irgendwann nimmt man nicht mehr irgendwas“. Passend zur Diskussion um No-Ggo-Areas und Zwangsprostitution während der Fußball-WM hatte Deutschlands „erste Fernsehzeitung“ Hörzu das anstößige Motiv platziert.

„Ich halte diese Werbung vor dem Hintergrund der Übergriffe auf ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger für mehr als rassistisch, menschenverachtend und sexistisch“, schrieb die Frauenrechtlerin Anne Frenzel an den deutschen Werberat. Sie fühle sich diskriminiert und angeekelt. Der Rat solle seinen Einfluss geltend machen, die Zeitschrift das Motiv zurückziehen.

Corinna Voigt-Kehlenbeck, Geschäftsführerin des Gender-Institutes in Hamburg, nahm den direkten Weg. „Es bleibt uns verschlossen, wie Menschen in Deutschland Werbung so schamlos und rassistisch gestalten können“, schrieb sie an die Redaktion. Auf perfide Weise würden „Rassismus und Geschlechterdiskriminierung verwoben“. Der Global Player, der sich mit der farbigen Frau das Besondere leiste. Das Ganze auch noch als „modern“ verkauft.

In ihrer Antwort bedauert Doris Olbricht, Leserbriefredakteurin der Hörzu, dass Voigt die Anzeige „nicht gefalle“. Die Werbekampagne, in der auch Mops und Katze sowie Frau und Pferd zusammentrafen, solle „Offenheit und Bereitschaft zum Dialog“ ausdrücken, erklärt sie. Es gehe nicht darum zu diskriminieren. Die Dame sei schließlich „nicht irgendwas“. Der Mann habe sie bewusst ausgewählt. Irgendwann entscheide man sich eben „für mehr Qualität und weniger Kompromisse“. Nicht jede „binationale“ Verbindung bediene eben gängige Klischees – die Anzeige könne schließlich „auch aus der Perspektive der Frau“ gesehen werden. Das Paar befinde sich ja auf Augenhöhe.

„Meinen Sie wirklich ernst, was Sie da geschrieben haben?“, fragte Traudel Schlieckau von der Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen zurück. „Handelt es sich hier um eine Frau, die eine gleichberechtigte Position in einer Beziehung einnimmt? Oder nimmt der weiße Mann sich eine Sklavin, hält sich ein Schoßhündchen?“ Hörzu negiere mit seiner Begründung sämtliche Debatten über Rassismus und Frauendiskriminierung.

„Wir kommen zu dem Ergebnis, dass die Anzeige nicht zu beanstanden ist“, fasst der deutsche Werberat seine Bewertung zusammen. Er sieht zwar „für manchen Betrachter eine Provokation“, die sei „möglicherweise sogar beabsichtigt“. Eine Herabwürdigung vermag er „nicht zu erkennen“. Diskriminierend findet er den Inhalt schon gar nicht.

Offensichtlich verärgert lehnt die Hörzu-Redaktion gegenüber der taz weitere Kommentare ab. Der Werberat habe ja bereits Stellung genommen. Die Kampagne sei beendet. Das Motiv würde nicht mehr erscheinen.