Der Präsident zu Gast bei Feinden

Bei seinem Deutschlandbesuch in dieser Woche ist George W. Bush nicht überall willkommen. Kriegsgegner und die Stralsunder SPD wollen gegen ihn und Gastgeberin Merkel protestieren – ein Vorgeschmack auf den G-8-Gipfel 2007 in Heiligendamm

AUS HEILIGENDAMM FELIX LEE

Der Kontrast könnte nicht größer sein. Gestern huldigten die Deutschen noch stolz den WM-Slogan „Die Welt zu Gast bei Freunden“. Mit dieser Gastfreundlichkeit könnte es ab Mittwoch bereits zu Ende sein. Denn zumindest ein Weltbürger wird von vielen Bundesbürgern ganz und gar nicht willkommen geheißen: George W. Bush.

Zum zweitägigen Besuch des US-Präsidenten ab Mittwochabend in Stralsund und Heiligendamm wollen Globalisierungskritiker, Gewerkschaften und Mitglieder der Friedensbewegung aus ganz Deutschland protestieren. Mehr als 30 Organisationen und Initiativen haben sich im Aktionsbündnis „Not welcome, Mr. President“ zusammengeschlossen. Das Motto des Protestes: „Kriege beenden – Kriegsplanungen stoppen!“

Bushs Krieg gegen den Terror sei schon lange zu einem Vorwand geworden, unliebsame Regime auszuwechseln und so Einfluss und wirtschaftliche Vorteile zu gewinnen, sagte Peter Strutynski vom Friedensratschlag. Für Öl dürfe künftig kein Blut mehr fließen. Beteiligt ist neben Attac und der katholischen Friedensbewegung Pax Christi auch die Interventionistische Linke (IL), eine neu gegründete Initiative, die bereits tatkräftig den Protest gegen den G-8-Gipfel 2007 vorbereitet, der nächstes Jahr ebenfalls in der Region stattfinden soll.

Doch nicht nur außerparlamentarische Organisationen rufen zum Protest auf. Neben der Linkspartei.PDS, die an der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern beteiligt ist, hat auch die Stralsunder SPD Bush zur „unerwünschten Person“ erklärt. In einer Presseerklärung bezichtigte der Kreisverband den Präsidenten der „zügellosen Machtpolitik ohne Rücksicht auf das Völkerrecht“. Bush sei nicht willkommen. Damit stellen sich die Sozialdemokraten in der Hansestadt gegen SPD-Ministerpräsident Harald Ringstorff, der den Bush-Besuch begrüßt und eigentlich die Minister seines Koalitionspartners PDS rügen wollte. Nun muss er sich zunächst mit der eigenen Parteibasis auseinander setzen.

Streit gibt es zudem um die Kosten. Denn der zweitägige Bush-Besuch wird den größten Polizeieinsatz auslösen, den Mecklenburg-Vorpommern je erlebt hat. Mehr als 12.000 Polizisten sollen aus dem Bundesgebiet zusammengezogen werden, um den vom US-Präsidenten erwünschten Sicherheitsvorkehrungen nachzukommen. Rund 400 Kilometer Straße werden gesperrt, in mindestens vier Orten wird der Ausnahmezustand herrschen. Die Gewerkschaft der Polizei rechnet mit bis zu 20 Millionen Euro, Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Gottfried Timm (SPD) bezifferte die Kosten auf „mehr als die zunächst genannten 12 Millionen Euro“. Er forderte, der Bund müsse für die gesamten Kosten aufkommen.

Am meisten betroffen sind die Bürger der Stralsunder Innenstadt. Sie können am Donnerstag nur an zwei Kontrollstellen in die zur Sicherheitszone deklarierten Altstadt gelangen. Alle Fahrräder und Autos müssen bis dahin umgeparkt werden, Bewohner dürfen ihre Dachterrassen und Balkone nicht betreten, Webcams sind nicht erlaubt. Das weckt Erinnerungen an die gespenstische Ruhe beim Bush-Besuch in Mainz Anfang 2005. Dort hatten die Sicherheitskräfte ebenfalls ganze Stadtviertel abgesperrt. Der Bush-Besuch rückte in ein eigentümliches Licht. Damit dieser Eindruck nicht wieder entsteht, hat die Stadtverwaltung von Stralsund rund tausend handverlesene Gäste geladen, die dem Präsidenten bei seiner Ankunft auf dem Markt applaudieren sollen. Wie Claqueure zu DDR-Zeiten, finden die Bush-Gegner.