Beziehungsunfähiger Feigling

Deutschland, man hat dich gefickt! Das Vorspiel, zwei Jahre aus Vorbereitungsspielen, war mal leidenschaftlich (Confed-Cup), mal ernüchternd (1:4 in Italien), der eigentliche Akt (WM bis Halbfinale) allerdings sensationell, der Orgasmus (Spiel um Platz drei in Stuttgart), ja, eben orgiastisch, und selbst die Zigarette danach (Verabschiedung auf der Berliner Fanmeile) schmeckte nicht schal. Nun aber, Deutschland, während du noch verträumt in den Spiegel zwinkerst, hat dir dein Liebster eröffnet: Du warst nur ein One-Night-Stand.

Das tut weh. Aber tröste dich, Deutschland, du bist nicht die Erste, die der Bäckergeselle flachgelegt und anschließend liegen gelassen hat. Selten hielt es ihn länger als zwei Jahre bei einer Liebsten. In London, bei Tottenham Hotspur, wurde er zu Englands Fußballer des Jahres gewählt, um den ihm zu Füßen liegenden Klub und das Land nach nur einer Spielzeit wieder zu verlassen. So was nennt man wohl einen Coitus interruptus.

Er habe keine „Power und Energie“ mehr, man solle sich „von der Person lösen“, hat der Flatterhafte gestern versucht, dir den Abschied leicht zu machen. Dann hat er Joachim Löw ins Schlafzimmer geschoben. Der mag ja nett sein, aber garantiert kein gleichwertiger Ersatz. Deutschland will doch nur dich!

Sieh der Tatsache ins Auge, Deutschland: Für den Typen warst du nur eine unter vielen. „Leer“ sei er, hat er versucht zu erklären, „ausgebrannt“ sei er, und er brauche jetzt erst einmal ein halbes Jahr Erholung. Ja was sollst du denn sagen, Deutschland, nach diesem Korb? Du kannst nicht einfach Urlaub von dir selber machen.

Dann, nach der letzten Aussprache, hat sich der beziehungsunfähige Feigling einfach weggestohlen nach Kalifornien. „Ich hoffe“, hat Jürgen Klinsmann gestern gesagt, „ich habe niemandem das Herz gebrochen.“ Hat er aber. THOMAS WINKLER