Keine Solidarität mit Hisbollah

Die Arabische Liga verurteilt die Angriffe Israels auf den Libanon, versagt der Hisbollah aber erstmals ihre diplomatische Unterstützung. Grund: Die arabische Welt hat sich in drei Gruppen gespalten

KAIRO taz ■ Zum ersten Mal hat ein Teil der arabischen Staaten der bisherigen „Widerstands-Ikone“ Hisbollah ihre diplomatische Unterstützung versagt. Die Außenminister der Arabischen Liga konnten sich am Wochenende bei einer Krisensitzung in Kairo nicht auf eine gemeinsame Formulierung über ihre Solidarität mit der schiitischen Guerillaorganisation einigen.

Erwartungsgemäß verurteilten sie dagegen die israelischen Angriffe auf den Libanon aufs schärfste. Sie forderten den UN-Sicherheitsrat auf, sofort einzugreifen und eine weitere Eskalation zu stoppen. Der Nahostfriedensprozess sei gescheitert und man müsse vollkommen von vorne beginnen“, erklärte Ligachef Amru Musa. Zugleich machte er seinem Ärger gegenüber Washington Luft. „Wir müssen dieses ganze Töten mit ansehen, nur weil eine bestimmte Macht Israel grünes Licht gegeben hat, zu tun und zu lassen, was es will“, sagte er sichtlich aufgebracht bei einer Pressekonferenz in Kairo.

Erstmals hatte Saudi-Arabien zuvor offen Kritik an der Hisbollah geübt und die Entführung der israelischen Soldaten als ein „Abenteuer“, bezeichnet, „dessen Folgen unberechenbar sind“. Diese Tat werde „die Region um Jahre zurückwerfen und ist nicht akzeptabel“, soll der saudische Außenminister Saud al-Faisal seinen arabischen Amtskollegen in Kairo hinter verschlossenen Türen gesagt haben. Der syrische oberste Diplomat Walid Moallem, bezeichnete die Operationen der Hisbollah dagegen als „legitimen Akt des Widerstandes, in Übereinstimmung mit internationalen Resolutionen und der UN-Charta“.

Laut arabischen diplomatischen Kreisen sollen sich in Sachen Hisbollah unter den arabischen Regierungen drei Gruppen gebildet haben. Ägypten, Jordanien, Kuwait, der Irak, die Arabischen Emirate und Bahrain haben sich der saudischen Kritik angeschlossen. Der Jemen, Algerien und Katar unterstützen die syrische Position. Marokko, der Sudan, Libyen und der Oman sprechen der Hisbollah keine Schuld zu, drängen die Organisation allerdings darauf, sich mehr mit der libanesischen Regierung zu koordinieren.

Und das von Israel angegriffene Land selbst? Der libanesische Außenminister Fawzi Sallouk hatte seinen Amtskollegen einen Entwurf vorgelegt, in der die Rede ist vom „libanesischen Recht, Widerstand gegen eine Besatzung zu leisten“. Angesichts des israelischen Bombardements üben die libanesischen Politiker keine offene Kritik an Hisbollah, sondern rufen zur nationalen Einheit auf. Das gilt auch für jene, die nicht unbedingt zu den Freunden von Hisbollah und ihres syrischen Unterstützers gehören. „Wir dürfen Israel nicht erlauben, uns erneut auseinanderdividieren zu lassen“, erklärte niemand Geringeres als Saad al-Hariri, der Sohn des ermordeten ehemaligen Ministerpräsidenten Rafik Hariri. Saad hatte zuvor dem Hisbollah-Verbündeten Syrien immer wieder vorgeworfen, für die Ermordung seines Vaters verantwortlich zu sein. Hariri ist vorsichtig, weil er, wie die meisten Libanesen, weiß, dass ein Auseinanderdividieren der politischen Gruppierungen im Libanon schon einmal zu einem 16-jährigen blutigen Bürgerkrieg geführt hatte. KARIM EL-GAWHARY