Jeder fünfte Betrieb fällt negativ auf

2005 haben die staatlichen Lebensmittelkontrolleure in 15 Prozent der untersuchten Proben verkeimtes Speiseeis, schimmeliges Getreide und falsch etikettiertes Fleisch gefunden. Mehr Sanktionsmöglichkeiten fordern sie jedoch nicht

AUS BERLIN HANNA GERSMANN

Eis und Desserts haben es besonders in sich: Lebensmittelkontrolleure beanstandeten im letzten Jahr jede fünfte Probe – meist fanden sie zu viele Keime. Viele davon sind zwar harmlos, aber unappetitlich sind sie alle. Das zeigt der neue Jahresbericht des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebenmittelsicherheit (BVL). Und es hapert nicht nur bei Nachspeisen an Qualität. Hühnerschenkel sind angetaut, Erdnüsse schimmelig und Paprika mit Spritzmitteln belastet.

Insgesamt wurden die Lebensmittelkontrolleure im Jahr 2005 bei 15 Prozent der mehr als 400.000 Proben fündig. Jedes Jahr besuchen sie knapp 600.000 Eisdielen, Supermärkte und Nahrungsmittelbetriebe. Dort nehmen sie nicht nur Proben, sie prüfen auch die Temperatur in der Kühltruhe, suchen nach dreckigen Kacheln an der Wand oder fragen: Wie oft wird das Fleischmesser ins sterilisierende Bad getaucht?

Bei den Visiten im letzten Jahr fielen 20 Prozent der Betriebe auf. Sie machten nur selten sauber oder mogelten bei der Produktkennzeichnung. Schlachter dürfen für ein Wiener Schnitzel zum Beispiel kein Schweinefleisch verwenden, es muss Kalbfleisch sein. Am Ende blieb es aber meist bei einer mündlichen Verwarnung. „Wir haben das Opportunitätsprinzip“, sagt Christian Grugel, Präsident des BVL. Es liegt also im Ermessen der Kontrolleure, wenn so selten ein Laden dicht gemacht wird.

Wer trickst, muss wenig fürchten – zumal der Verbraucher nicht erfährt, ob bei seiner Eisdiele alles okay ist. Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) hat zwar ein Verbraucherinformationsgesetz auf den Weg gebracht. Die Namen unseriöser Geschäftsleute sollen aber weiterhin geheim bleiben. Das Problem für den Verbraucher: Er kann weder am Geschmack noch am Geruch erkennen, ob sein Eis mit Keimen belastet ist. Lebensmittelchemiker müssen das Eis erst antauen und 24 Stunden in den Brutschrank stecken. Sie sehen dann unter dem Mikroskop, ob Bakterien gewachsen sind.

Die Kontrollen sind Sache der Länder. Freilich können auch sie nicht jedes Produkt untersuchen. Sie nehmen sich deshalb die Waren vor, bei denen sie besondere Risiken vermuten. Beispiel Getreide: Schimmel bildet sich vor allem dann, wenn es während der Blüte von Roggen, Gersten oder Weizen regnet. In diesen Jahren gucken die Kontrolleure genauer hin.

Im letzten Jahr – nach dem Skandal um Gammelfleisch – waren die Kontrolleure vor allem in Schlachtereien unterwegs. Doch die Pfuschereien seien „spektakulär, aber selten“ gewesen, sagt Überwacher Grugel. – „In der Statistik macht sich das nicht bemerkbar.“

Die Beanstandungen bleiben seit Jahren auf gleich hohem Niveau. Die staatliche Kontrolle bewirkt offenbar wenig. Grugel fordert mehr „Eigenkontrollen der Industrie“. Er meint: „Für die Sicherheit von Lebensmitteln sind die Hersteller verantwortlich.“ Verbraucher, denen etwas nicht sauber vorkommt, können sich jederzeit an das jeweilige Amt in ihrer Stadt wenden.