Ärztegewerkschaft will den Häuserkampf

Die Tarifverhandlungen für die rund 70.000 Ärzte an den kommunalen Kliniken sind vorerst gescheitert. Die Ärztegewerkschaft will Einzelverträge mit Kliniken schließen. Arbeitgeber bezeichnen Forderungen als unbezahlbar

BERLIN rtr ■ Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund brach gestern die Verhandlungen in Düsseldorf wegen der Weigerung der Arbeitgeber ab, ihr Lohnangebot zu erhöhen. Der Marburger Bund will nun die Streiks an den rund 700 Krankenhäusern ausweiten und Tarifverträge mit einzelnen Kliniken schließen. Arbeitgeber und Krankenhäuser kritisierten das Vorgehen der Gewerkschaft und bezeichneten die Gehaltsforderung als unbezahlbar.

„Wir brechen die Tarifverhandlungen hiermit ab“, sagte der Verhandlungsführer des Marburger Bundes, Lutz Hammerschlag. Die Arbeitgeber hätten sich in der Gehaltsfrage nicht bewegt. „Ich habe das Gefühl, dass der Flächentarifvertrag heute hier beerdigt wird“, fügte er hinzu. Arbeitgeber-Verhandlungsführer Otto Foit hielt entgegen, die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hätten mit ihrem Angebot für bessere Arbeitszeiten und höhere Gehälter insgesamt eine Einkommensverbesserung von zehn Prozent geboten. „Wir haben einen arztspezifischen Tarifvertrag angeboten“, sagte Foit. „Die Arbeitgeber sind enttäuscht und entsetzt.“ Es sei kaum abzuschätzen, was das Ende des Flächentarifvertrages bedeute. Nun sei ein „Häuserkampf“ zu befürchten. Nur die Kliniken würden gewinnen, die finanziell gut ausgestattet seien. Die Arbeitgeber seien weiter zu Verhandlungen bereit.

Hauptstreitpunkt bei den Tarifverhandlungen war die Bezahlung für die Ärzte. Am Montag hatten die Arbeitgeber ein verbessertes Angebot zu den Arbeitszeiten gemacht, das unter anderem die Reduzierung der Bereitschaftsdienste auf maximal 24 Stunden vorsah. Ihr Entgeltangebot erhöhten sie indes nicht. Die bisherige Offerte sieht vor, die Gehälter etwa für Assistenzärzte um 600 Euro anzuheben. Wegen gleichzeitig vorgesehener Kürzungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld und der geforderten Verlängerung der Wochenarbeitszeit um 1,5 auf 40 Stunden lehnte der Marburger Bund dies jedoch ab. Hammerschlag erklärte, die kommunalen Arbeitgeber wollten die Mediziner länger arbeiten lassen für weniger Geld. „Einen dreisteren Versuch des Lohndumpings habe ich bisher nicht erlebt.“ Die Gewerkschaft fordert einen Abschluss, der sich am Tarif der Ärzte an Uni-Kliniken orientiert. Dort waren Gehaltssteigerungen von bis zu 17 Prozent vereinbart worden.

Nun würden Einzelverträge mit Krankenhäusern vorangetrieben, drohte Hammerschlag. Ende Juni hatte der Marburger Bund mit den städtischen Kliniken Stuttgart eine erste Vereinbarung getroffen, die sich am Tarifabschluss für die Uni-Kliniken orientiert. Foit kritisierte, die Forderung der Gewerkschaft bedeute gegenüber dem Angebot der Arbeitgeber eine weitere Erhöhung um sechs Prozentpunkte. Dies könnten die kommunalen Kliniken nicht bezahlen.