gemeindereform von oben
: Feiertag für Sonnenkönige

Die Gemeindereform kommt. Nach einer schweren ersten Jahreshälfte wird die nordrhein-westfälische Landesregierung den Spätsommer mit einem machtpolitischen Erfolg beginnen können. Gegen den Widerstand der CDU-Basis scheint es dem Kabinett zu gelingen, die umstrittene Verlängerung der Amtszeiten von Bürgermeistern durchzupauken – so, wie es im Koalitionsvertrag mit der FDP versprochen wurde. Regierungschef Jürgen Rüttgers und sein liberaler Innenminister Ingo Wolf werden sich auf die Schulter klopfen und sagen: Wort gehalten, Führungsstärke bewiesen! Lächelnd werden sie darüber hinweggehen, dass sie einen schwerwiegenden Fehler gemacht haben.

KOMMENTAR VON KLAUS JANSEN

Bei der Gemeindereform geht es nicht um irgendwelchen bürokratischen Kleinkram. Sie berührt vielmehr das Fundament demokratischer Beteiligung: Die Mitbestimmung der Bürger vor ihrer eigenen Haustür, in der Kommune. Demnächst werden dort Bürgermeister getrennt vom Stadtrat gewählt und dürfen länger im Amt bleiben. Egal, ob es künftig sechs oder acht Jahre werden: Noch mehr Sonnenkönige und gernegroße Populisten werden in die Rathäuser einziehen und sich dort dementsprechend selbstherrlich verhalten. Noch weniger werden politische Programme auf kommunaler Ebene über den Wahlausgang entscheiden. Wenn Bürgermeister- und Stadtratswahlen entkoppelt werden, wird die Wahlbeteiligung sinken. Es besteht die Gefahr, dass die Wahl des Rates demnächst kaum mehr Leute interessiert als die Abstimmung über das Studierendenparlament an der Uni.

Die Reform der Gemeindeordnung bringt die Waage aus dem Gleichgewicht, die den Einfluss in den Städten austariert. Bürgermeister werden mächtiger, Räte werden schwächer. Es ist bitter, dass die Landes-CDU gerade bei dieser Reform ihre Parteibasis übergeht – schließlich muss die mit den Auswirkungen leben.