EU einigt sich auf Stammzellen Kompromiss

Die EU fördert künftig unter Auflagen die Stammzellenforschung. Deutschland und sieben weitere Mitgliedsländer sind mit Blockade gescheitert. Förderung ist nur in EU-Ländern möglich, die Stammzellenforschung erlauben

BRÜSSEL rtr/dpa ■ Bundesforschungsministerin Annette Schavan hatte sich gestern in Brüssel an die Spitze der Kritiker der Stammzellenforschung in der EU gesetzt.

Acht EU-Forschungsminister sprachen sich zunächst in einer öffentlichen Debatte gegen die Förderung aus. „Von der EU-Förderung dürfen keine finanzielle Anreize zur Tötung von Embryonen ausgehen“, forderte Schavan. Nach weiteren Verhandlungen kam der Kompromiss: Die Forschung mit menschlichen Stammzellen darf gefördert werden – allerdings sollen EU-Fördergelder nur an jene Länder gehen, die embryonale Stammzellenforschung erlauben. In keinem Fall soll es Geld für die Vernichtung von Embryonen geben, die zum Beschaffen der Stammzellen nötig sind.

„Das ist ausschlaggebend gewesen“, begründete Schavan ihre Zustimmung. Verboten bleiben auch Projekte zum Klonen menschlicher Embryonen sowie Forschung, die das menschliche Erbgut verändern will.

Mit dem Kompromiss, dem das EU-Parlament noch zustimmen muss, ist auch der Weg für das 51 Milliarden Euro große Forschungsbudget der EU für 2007 bis 2013 frei. Die Stammzellenforschung macht etwa ein Tausendstel dieses Budgets aus.

Den Kritikern gelang es nicht, ihre Bedenken in den Förderregeln selbst unterzubringen. Stattdessen sollen die Einschränkungen nun in einer Selbstverpflichtung der Kommission festgeschrieben werden, die den Forschungshaushalt verwaltet. „Entscheidend ist der Schutz auf Menschenwürde und des Rechtes auf Leben“, sagte Schavan. Wenn die Erklärung die EU-Kommission binde, stimme sie zu.

Embryonale Stammzellen entstehen in einem sehr frühen Stadium der Embryoentwicklung und können zu vielen verschiedenen Zelltypen auswachsen. Experten erhoffen sich von der Forschung neue Therapien für schwere Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson. Kritiker wie die christlichen Kirchen bemängeln die Verwendung dieser Zellen, weil dafür der Embryo und damit menschliches Leben vernichtet wird. In Deutschland ist diese Forschung weitgehend verboten.

Das EU-Parlament in Straßburg hatte im Juni die Bereitstellung von EU-Finanzmitteln für die Stammzellenforschung gebilligt, diese jedoch an strikte Auflagen gebunden.

Der britische Wissenschaftler Stephen Hawking hatte gestern „reaktionäre“ Kräfte in Europa und den USA scharf für Bemühungen kritisiert, die Forschung mit embryonalen Stammzellen zu unterbinden. „Europa sollte nicht dem reaktionären Beispiel von Präsident Bush folgen“, schrieb der Astrophysiker gestern in der Zeitung The Independent.