Mathe gibt Schülern zu denken

Fast jeder Fünfte fiel bei den Prüfungen zum Mittleren Schulabschluss (MSA) durch, bei Schülern türkischer Herkunft lag die Quote noch weit höher. Besonders schlecht verlief der Mathematiktest

Von Alke Wierth

Die von manchen erwartete Katastrophe blieb aus: Gut vier Fünftel der Schüler der zehnten Klassen, die an den im vergangenen Schuljahr erstmals durchgeführten Prüfungen für den Mittleren Schulabschluss (MSA) teilnahmen, haben auch bestanden. An den Gymnasien lag die Erfolgsquote mit 96 Prozent am höchsten, an den Hauptschulen bestanden immerhin 42 Prozent der zur Teilnahme verpflichteten Schüler die Prüfung. An den Realschulen schafften 81 Prozent der Schülerinnen und Schüler den MSA – das sind etwas weniger, als bisher die Realschulabschlüsse erlangten.

Die MSA-Prüfungen, die den bisherigen Realschulabschluss ersetzen, werden im Unterschied zu diesem nach bundeseinheitlichen Standards durchgeführt, die von der Kultusministerkonferenz gesetzt wurden. Geprüft wird in den Fächern Mathematik, Deutsch, der ersten Fremdsprache sowie einem Wahlfach aus den Bereichen Natur- und Gesellschaftswissenschaften.

In der Prüfung dieses Wahlfachs, für die die Schüler eine Präsentation erarbeiteten, gab es mit 2,3 die mit Abstand beste Durchschnittsnote. Im Dunkeln schienen dagegen viele Zehntklässler im Prüfungsbereich Mathematik zu tappen: 3,7 oder vier plus lautet hier das durchschnittliche Prüfungsergebnis.

Dennoch blieb die von manchen erwartete hohe Durchfallquote aus. Bis zu 50 Prozent ihrer Schüler könnten an den Matheaufgaben gescheitert sein, hatten einige Schulleiter kurz nach den Tests befürchtet. Vor allem die Textaufgaben seien ein Problem, da Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache Verständnisschwierigkeiten hätten. Doch es sind nach Angaben der Bildungsverwaltung nur ganze 600 Schüler, die in Mathe mit der Note „ungenügend“ (6) abgeschlossen haben. Eine Sechs kann man nicht mehr durch bessere Ergebnisse in anderen Prüfungsteilen ausgleichen.

Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache haben beim MSA allerdings tatsächlich überdurchschnittlich schlecht abschnitten: Während 85 Prozent der deutschstämmigen TeilnehmerInnen die Prüfung bestanden, waren es unter den türkischstämmigen lediglich 62 Prozent, bei denen anderer Herkunft 72 Prozent. „Mangelnde Sprach- und Lesekompetenz“ und „fehlende Unterstützung der Elternhäuser“ macht Schulsenator Klaus Böger (SPD) dafür verantwortlich: „Die türkischen Schüler sind ja nicht weniger klug als die anderen.“ Böger beurteilt die MSA-Prüfungen allgemein als „erfolgreich“.

Dem mag Özcan Mutlu, bildungspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, nicht zustimmen: Mit knapp 30 Prozent seien die Durchfallquoten an den Gesamtschulen und den kombinierten Hauptrealschulen viel zu hoch. Dass die Schülerinnen und Schüler bei den auf bundesweit einheitlichem Niveau durchgeführten MSA-Prüfungen in Mathe erheblich schlechter abgeschnitten hätten als in den schulspezifischen Benotungen, zeige außerdem, dass der Matheunterricht in Berlin „falsch angelegt“ sei.

Es müssten künftig mehr den MSA-Aufgabenstellungen entsprechende Matheaufgaben geübt werden, gibt auch Schulsenator Böger zu. Auch müssen nach seiner Ansicht Mathematiklehrer künftig stärker an Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen: „Die Nachfrage kann noch gesteigert werden“, sagte Böger gestern. Ob es allerdings tatsächlich die Textaufgaben waren, die zum Scheitern mancher MSA-Prüflinge führten, ist unklar: Diese Detailanalyse lassen die bislang von der Schulverwaltung vorgelegten Zahlen noch gar nicht zu. Im September will der Schulsenator eine detaillierte Auswertung vorlegen.