Hizbollah-Anhänger bespucken Juden

Auf der Bremer Friedensdemo werden Passanten mit Kippa bespuckt und beschimpft, einige Tage zuvor gab es „Vernichtet Israel“-Transparente. Auf arabisch, weswegen bis heute keine Ermittlungen wegen Volksverhetzung laufen

Juden sollten sich entfernen: Ihre Sicherheit sei nicht garantiert

aus Bremen Armin Simon

„An der Grenze“ war es für Elvira Noa, „an der Grenze der Meinungsfreiheit“. Die Transparente mit dem Hakenkreuz darauf. Und dem „Israel =“ davor.

Die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Bremens wollte sich diesmal ein eigenes Bild machen von der Friedensdemonstration, die am Samstag, vom Bremer Hauptbahnhof zum Marktplatz zog, der zweiten in der Stadt seit Beginn der Kriegshandlungen im Grenzgebiet zwischen Israel und Libanon.

Bis zu 1.700 TeilnehmerInnen zählte die Polizei, ganze Familien waren gekommen. Noa kam in Begleitung eines Mannes, jüdischen Glaubens wie sie. Er trug eine Kippa auf dem Kopf. Bespuckt und übelst beschimpft habe man sie, berichtet sie – so übel, dass sie die Worte gar nicht wiederholen möchte – und das alles nicht nur einmal, sondern wiederholt. Sie habe die Situation als „sehr bedrohlich“ empfunden.

Von einer leicht reizbaren Stimmung und „Handgreiflichkeiten“ aus der Menge heraus berichten auch andere, die mit den zur Schau getragenen Hamas-Kopftüchern und den von Altlinken präsentierten Slogans „Solidarität mit dem palästinensischen Widerstand“, „by any means necessary“, nicht einverstanden waren. „Wir hatten das Gefühl, dass man nicht seinen Unmut gegenüber der Demo äußern darf“, berichtet einer. Den DemonstrantInnen sei es „nicht primär um das Bedauern ziviler Opfer“ gegangen, „sondern um die öffentliche Verteufelung eines ideologisch konstruierten Feindbildes.“

Seine Fahne „Falafel statt Dschihad, Hizbollah zerschlagen“ jedenfalls hielt er nur kurz in die Luft. Dann zeigten jede Menge Finger auf ihn. „Das sah nicht nach Interesse aus“, sagt er. DemonstrantInnen verfolgten die Fliehenden und bewarfen sie mit Flaschen. Die Polizei forderte das Grüppchen auf, sich zu entfernen: Man könne nicht für ihre Sicherheit garantieren. Auch Noa und ihrem Begleiter legten die Beamten nahe, sich im Hintergrund zu halten. Damit „keine Provokation stattfindet“, wie sie es ausdrückten.

Einige Tage zuvor, bei der ersten Auflage der Demonstration, hatten sich die Ordnungshüter noch ganz anderen Provokationen gegenüber unsensibel gezeigt. „Vernichtet Israel“ und „Tötet Israel“ hatten DemonstrantInnen da auf Transparenten gefordert, berichteten mehrere Augenzeugen unabhängig voneinander. Anderswo könnte das den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen. Nicht so in Bremen: Die Polizei, arglos, registrierte die Aufrufe nicht, weil sie – unleserlich für ihre BeamtInnen – auf arabisch verfasst waren. Im Polizeibericht ist von „keinen besonderen Vorkommnissen“ die Rede. Und weil bisher „keine Erkenntnisse“ über derartige Äußerungen vorlägen, habe man auch keine Ermittlungsverfahren deswegen eingeleitet, teilt Polizeisprecher Dirk Siemering mit. „Keine Ermittlungsverfahren“ meldet auch die Staatsanwaltschaft. Unklar ist, ob die AugenzeugInnen inzwischen Anzeige erstattet haben.

Immerhin: Am Samstag waren die Ordnungshüter besser vorbereitet und mit einem des Arabischen mächtigen Dolmetscher vor Ort. Es seien aber „keine Transparente gezeigt worden, die strafrechtlichen Hintergrund erfüllt hätten“, so Siemering.

Man habe den Veranstalter lediglich aufgefordert, die beiden Transparente mit Hakenkreuz und Judenstern zu entfernen, sagte Siemering. Dem sei auch Folge geleistet worden. Wer die entsprechenden Tafeln getragen habe, versuche man derzeit mit Hilfe der gefertigten Videoaufzeichnungen zu ermitteln.

Was die Transparente angehe, so Noa, habe die Polizei diesmal zumindest „sehr gut aufgepasst“. Bedenklich hätten sie allerdings die Reden gestimmt, die auf der Kundgebung über den Marktplatz schallten. Nicht wegen des Inhalts an sich oder des israelkritischen Tenors wegen. Sondern, weil anstelle des Staates Israel oder dessen Militär „die Juden“ an sich angegriffen worden seien. Der israelische Geheimdienst, so Noa, habe bereits vor Gräueltaten von Hizbollah-Anhängern gewarnt. „Die finden hier offensichtlich Mitstreiter.“