Bruchlandung für Düsseldorfs Flughafen

NRWs größter Airport muss seine Expansionspläne zumindest vorerst begraben: Bundesverkehrsministerium ordnet weniger Landungen am Abend an, als das Land zuvor erlaubt hatte. Änderungen im Winterflugplan

DÜSSELDORF taz ■ Das Bundesverkehrsministerium hat den weiteren Ausbau des Flughafens Düsseldorf vorerst gestoppt. Ein Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster, der Landungen zwischen 22 und 23 Uhr stark einschränkt (taz berichtete), sei rechtskräftig und somit sofort umzusetzen, urteilten die Beamten von SPD-Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee. Damit dürfen in dieser Stunde im Sommer nur 25, im Winter sogar nur 15 Flugzeuge landen. Die Landesregierung hatte dagegen im November vergangenen Jahres eine Kapazitätserweiterung auf 36 Landungen verkündet – Starts sind in dieser „Tagesrandzeit“ nicht erlaubt.

Damit ist der bereits ausgearbeitete Winterflugplan des größten nordrhein-westfälischen Airports hinfällig. „Alle Start- und Landerechte sind den Fluggesellschaften nur unter Vorbehalt erteilt worden“, so Flughafensprecherin Sonja Schröder zur taz. Mitte August soll nun ein „Sonderkoordinierungsausschuss“ tagen und über die Verlegung von Flügen auf andere Flughäfen beraten. Auswirkungen auf den laufenden Sommerflugplan habe der Gerichtsbeschluss jedoch nicht, betont Schröder – schließlich seien für den Zeitraum zwischen 22 und 23 Uhr lediglich fünf Flugrechte, so genannte „slots“, an Airlines vergeben worden.

Flughafenchef Christoph Blume nennt den Gerichtsbeschluss dennoch „nicht hinnehmbar“ und warnt, „sensible Interessen“ der Fluglinien würden berührt: In Düsseldorf stationierte Flugzeuge könnten nicht mehr gewartet, Besatzungen nicht wie geplant ausgetauscht werden.

Wie das Landesverkehrsministerium setzt Blume jetzt auf das Urteil des Münsteraner Gerichts, das in der Hauptsache im Januar kommenden Jahres entscheiden will. Der aktuelle Beschluss dient nur dem vorläufigen Schutz der Anwohner, die seit Jahren unter dem Lärm und immer mehr Abgasen leiden. Auch bleibt die genehmigte Kapazitätssteigerung am Tag von dem Beschluss unberührt – die Landesregierung hat dem drittgrößten deutschen Airport 131.000 Flugbewegungen zugestanden, 15 Prozent mehr als zuvor. Geklagt hatten Anwohner-Initiativen gegen Fluglärm und verschiedene Städte und Kreise, darunter Essen, Mülheim, Krefeld, Neuss und Ratingen.

Gleichzeitig wächst die Kritik an Landesverkehrsminister Oliver Wittke. Der Christdemokrat hatte die von ihm erteilte Kapazitätserweiterung auch in den Abendstunden stets verteidigt – nur so könne der Flughafen seine Position behaupten. „Die Regelung ist gerichtsfest“, hatte Wittke noch im November versichert. Selbst den Gerichtsbeschluss meinte Wittke ignorieren zu können: Der sei rechtlich nicht bindend, ließ der Minister erklären. „Wittke ist und bleibt ein Ankündigungsminister“, sagt Bodo Wißen, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. „Offensichtlich mangelt es ihm an Sachverstand.“

„Auch der Minister hat sich an Gerichtsbeschlüsse zu halten“, sagt auch der Verkehrsexperte der grünen Landtagsfraktion, Oliver Keymis. Der Beschluss sei zwar ein „schöner Erfolg für die Anwohnerinitiativen“, führe aber lediglich zu einer Verlagerung des Fluglärms: „Wenn die Fluglinien nun etwa auf Köln/Bonn ausweichen, werden die Menschen dort belastet.“

Die Sozialdemokraten dagegen stehen weiter zum Flughafenausbau. „Wittke muss seine Genehmigung nun schleunigst nachbessern. Sonst droht auch im Januar ein negatives Urteil“, warnt sein Amtsvorgänger, SPD-Landtagsfraktionsvize Axel Horstmann. Wittke dagegen gibt sich kleinlaut. Man könne „nur das Urteil abwarten“, so sein Sprecher Stephan Heuschen auf taz-Anfrage. „Wir können dem Gericht doch nicht vorgreifen.“

ANDREAS WYPUTTA