Eine Frage der Regulierung

Der private Wettanbieter „betandwin“ drängt massiv auf den Werbemarkt. Der SV Werder Bremen und 1860 München wollen für das Unternehmen auf dem Trikot werben. Doch so einfach ist das nicht

„Die dafür werben und die Wettspieler selbst machen sich strafbar“

VON NIELS MÜLLER

Eigentlich sollte auf den Trikots des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München in dieser Saison der Name des Sponsors „betandwin“ stehen. Dass der Schriftzug des Unternehmens zunächst auf „bwin“ gekürzt und schließlich sogar ganz von den Leibchen verschwunden ist, hat einen einfachen Grund. Mit großem Druck gehen derzeit Bundesländer und staatliche Instanzen gegen private Wettanbieter vor.

Ein Werbeverbot für derartige Unternehmen ist dabei eines der obersten Ziele. Um dies durchzusetzen, wenden sich die Länder derzeit mit juristischen Mitteln auch gegen Fußballvereine, die mit privaten Wettanbietern kooperieren. Beim TSV 1860 München ist betandwin ebenso Trikotsponsor wie bei Werder Bremen. Bei anderen Klubs wie dem VfB Stuttgart oder dem SC Freiburg wirbt der Wettanbieter sichtbar im Stadion.

Ausgelöst wurde der Streit durch ein im Frühjahr gefälltes Urteil des Bundesverfassungsgerichts, worin dem Staat eine Monopolstellung bei Sportwetten zugesichert wird – allerdings nur dann, wenn dadurch der Spielsucht vorgebeugt bzw. diese durch ein beschränktes Angebot in geregelte Bahnen geführt wird. Nachdem Oddset entsprechend der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts seine Werbung massiv heruntergefahren hat, wollen die Bundes- und Landesvertreter nun gegen die als illegal eingestuften privaten Anbieter vorgehen.

Der TSV 1860 München erhielt ebenso wie das Deutsche Sportfernsehen (DSF), das für betandwin und andere Anbieter wirbt, eine Unterlassungsklage vom bayerischen Innenministerium. Die Münchner Fußballer kommen dem Verbot nach und laufen seit einigen Tagen ohne den Schriftzug des Unternehmens auf ihren Trikots auf. Nach Ansicht von Michael Ziegler vom bayerischen Innenministerium machen sich sowohl die Wettanbieter als auch „diejenigen, die dafür werben, und die Wettspieler selbst strafbar“.

Dagegen ist für betandwin-Sprecher Hartmut Schultz das Werbeverbot gegen seine Firma, die eine aus DDR-Zeiten stammende und von „Bundesverfassung und Bundesgerichtshof legitimierte Lizenz“ besitzt, nicht rechtens. Denn das dem Staat zugestandene Monopol umfasse „Oddset plus die DDR-Lizenzen“. Tatsächlich ist die Rechtslage ziemlich verworren.

Gleichwohl haben sich die staatlichen Stellen für eine härtere Gangart entschieden. Dass es in Zukunft „möglicherweise eine andere Rechtsprechung gibt“ und das Sportwettenverbot für nicht rechtens erklärt werden könnte, „interessiert nicht“, rechtfertigt Konrad Weber vom Karlsruher Regierungspräsidium das staatliche Vorgehen. Das Regierungspräsidium prüft mögliche Unterlassungsverfügungen gegen den VfB Stuttgart und den SC Freiburg. Das DSF wie auch die betroffenen Fußballvereine drohen aber für genau diesen Fall bereits mit Schadensersatzklagen. Wie hoch der Schaden für den TSV 1860 wird, falls das Verbot durchgesetzt wird, ist laut Geschäftsführer Stefan Ziffzer „nicht absehbar“. Auch Stuttgarts Marketing-Geschäftsführer Rainer Mutschler will keine Summe nennen, befindet den möglichen „Werbeumsatzausfall“ nicht als „ideal“. So weit will Hartmut Schultz von betandwin gar nicht denken. Die gesetzliche Situation ist jetzt schon „so wackelig, dass wir zuversichtlich sind, an den bestehenden Verträgen nichts ändern zu müssen“. Dass der Staat nach einigen wenigen privaten Wettbüros auch betandwin schließen könnte, fürchtet Schultz nicht. „Die Verfügungen“ gegen betandwin und seine Geschäftspartner „werden reihenweise aufgehoben. Es gibt keine juristische Grundlage für diese Angriffe.“ Tatsächlich wurde eine Unterlassungsklage gegen den SV Werder aufgehoben. Auch 1860 München will an seinem Hauptsponsor festhalten. Löwen-Geschäftsführer Stefan Ziffzer geht davon aus, „dass die Verträge bestehen bleiben werden“. Die Vereinigung der deutschen Profivereine und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) prüfen derzeit, wie sie gegen mögliche Verbote vorgehen können.

Für den Juristen Bernd Berberich, der über Glücksspielrecht promoviert hat, ist „das staatliche Vorgehen gegen private Anbieter ein Kampf gegen Windmühlen“. Nach seiner Einschätzung sollten die staatlichen Stellen erkennen, dass ein staatliches Monopol auf dem Glücksspielsektor nicht effektiv zu verwirklichen sei. Dies zeige allein das Internet-Glücksspiel, ein seit Jahren boomender Markt, der staatlich nicht zu kontrollieren sei. Sinnvoller als juristisch aufwändige Scharmützel mit privaten Wettanbietern sei es daher, das staatliche Monopol zu verabschieden und möglichst schnell den Markt zu liberalisieren.

Nur so könne der Staat vermeiden, dass das Geld aus dem Angebot von Glücksspielen vollends an leeren staatlichen Kassen vorbeilaufe. Aber auch eine Bekämpfung der Spielsucht könne nur über eine Regulierung – und nicht Reglementierung – des Markts gelingen.