Protest auf dem Acker

Trotz Strafandrohung rufen Genmais-Gegner an diesem Wochenende wieder zu einer „Feldbefreiung“ auf

BERLIN taz ■ Wenn Michael Grolm ein bestimmtes Maisfeld bei Berlin betritt, drohen ihm ein halbes Jahr Gefängnis oder eine Geldstrafe von 250.000 Euro. Das besagt die einstweilige Verfügung, die gegen das Mitglied der Organisation „Gendreck weg“ verhängt worden ist. Der Grund: Grolm ist Mitinitiator eines heute beginnenden gentechnikfreien Wochenendes in der brandenburgischen Ortschaft Zehdenick-Badingen. Neben Infoveranstaltungen steht auch eine sogenannte Feldbefreiung auf der Agenda. Mehr als 250 Demonstranten wollen dann so viele Genmaispflanzen wie möglich aus dem umstrittenen Feld reißen.

Die Stadt Zehdenick und der Badinger Bürgermeister Jörg Eickmann erklärten ihre Gegenwehr und versuchten vergeblich die Veranstaltungen zu verbieten. Das Pikante: Eickmann ist nicht nur Bürgermeister, sondern auch Anbauer des Genmaises. Seine Saat kaufte er beim weltgrößten Anbieter von gentechnisch verändertem Getreide, der US-Firma Monsanto.

Die Gentechnikgegner sind empört. Erst schaffe der Bürgermeister Risiken und versuche dann, eine Veranstaltung darüber zu unterbinden. Und dabei lasse er sich vertreten „von einem Firmenanwalt des Gentechnik-Konzerns, der mit dem Mais Geld verdient“, kritisiert Grolm.

Eickmann, der auch Chef der lokalen Bauerngenossenschaft ist, versteht die Kritik nicht: „Warum ist das ein Vorwurf?“ Er will nun zu der Veranstaltung kommen, um über die Vorteile von Genmais zu sprechen.

Dabei dürfte er darauf verweisen, dass der Genmais seine eigenen Schädlingsgifte produziert und so Pestizide spart. Über die langfristigen Auswirkungen auf Mensch und Natur ist jedoch bislang nur wenig bekannt. „Wir wissen aber aus ersten Studien, dass einige Tiere nach der Fütterung mit genmanipuliertem Getreide Organschäden erlitten“, sagt Gentechnik-Experte Henning Strodthoff von Greenpeace Deutschland. Auch für die Natur bestünden Risiken, denn die genveränderten Stoffe werden in der Erde gespeichert und an andere Organismen weitergegeben.

Trotz der medizinischen und ökologischen Bedenken ist eine Feldbefreiung aus juristischer Sicht keine erlaubte Maßnahme: „Wir wissen, dass es sich hierbei im Prinzip um Sachbeschädigung handelt, und gehen von einer Anklage aus“, sagt „Gendreck weg“-Aktivistin Jutta Sundermann. Doch möglichen Forderungen von mehreren tausend Euro sieht man gelassen entgegen. Erst vor kurzem wurde ein vergleichbares Verfahren gegen einen Feldbefreier eingestellt. VOLKER HOLLMICHEL