Neuland, für das sich niemand interessiert

Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf bietet 40 brachliegende Flächen zur Zwischennutzung an. Das Projekt „Neuland“ läuft seit fast zwei Monaten. Doch bisher meldeten sich nur wenige Interessenten – sie sprangen schnell wieder ab

Seit dem 8. Juni zeigt der zwei Meter hohe pinke Pfeil aus Plastik auf der Brachfläche am Cottbusser Platz auf den Boden. Inzwischen ist er voller Graffiti, an einer Seite hat er ein Loch, durch das man hineinschauen kann. Darin liegt eine leere Safttüte. So sieht bisher das Ergebnis des Projekts „Neuland“ aus.

Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf besitzt 40 ungenutzte Flächen, die er auf ungewöhnliche Weise vermarkten will. Ursprünglich standen dort Schulen und Kitas, bis der Bezirk sie abriss, weil sie nicht mehr gebraucht wurden. Für die so entstandenen 100 Hektar Land ließ der Bezirk von dem Landschaftsarchitekten Klaus Overmeyer eine Imagekampagne entwickeln. Damit sollten dort Zwischennutzungsprojekte initiiert werden – egal welcher Art. Overmeyer nannte das Projekt „Neuland“. Um darauf aufmerksam zu machen, stellte er auf vier Flächen je einen großen pinken Pfeil.

Eine Informationstafel an dessen Seite verweist Interessierte an die „Koordinierungsstelle Flächenmanagement“ des Bezirks. Deren Leiterin ist Helga Zschocher. Bei ihr soll sich melden, wer eines der Gelände nutzen will. Doch bislang haben gerade mal acht Interessenten nachgefragt, berichtet sie, und die sprangen schnell wieder ab.

Land-Art mit Labyrinthen, ein Feld für das Jagdspiel Paintball, BMX-Bahnen, Camping mit ausländischen Jugendlichen, Kleingärten für die Anwohner – all dies wurde von den Anrufern vorgeschlagen. Doch bei einem Anruf blieb es dann, berichtet Zschocher. Sie vermutet, dass im Bezirk generell wenig Potenzial für kreative Projekte vorhanden ist und dass mögliche Initiativen von außerhalb noch nicht auf „Neuland“ aufmerksam geworden sind.

Maria Richarz, Stadtplanerin bei der Zwischennutzungsagentur, glaubt an andere Ursachen. Es sei ganz wichtig, direkt auf die Menschen zuzugehen und Kontakt zu Vereinen und Initiativen vor Ort herzustellen. Das Projekt „Neuland“ habe zudem noch einige Fehler: Weder auf der Webseite des Projekts noch auf den Pfeilen werde der Name Helga Zschocher genannt. „Der Zugang zur Verwaltung ist an sich schon nicht leicht. Wird dann nicht einmal ein Ansprechpartner erwähnt, wird das noch schwieriger“, sagt Richarz. Auch würden die großen pinken Pfeile missverstanden. „Die wirken eher wie ein Kunstprojekt“, erklärt die Stadtplanerin.

Auch die Pacht mag viele Interessenten abschrecken. Zwischen 50 Cent und 1,20 Euro müssen pro Quadratmeter bezahlt werden. Selbst Klaus Overmeyer findet das viel zu viel. Die Flächen müssten nicht gegen Geld, sondern gegen Ideen getauscht werden, sagt er. Von der Koordinierungsstelle wünscht er sich mehr aktive Arbeit im Bezirk. „Man muss mit den Bewohnern diskutieren.“

Das Projekt „Neuland“ ist auf ein Jahr angelegt. Helga Zschocher hofft, dass sich im Frühling 2007 noch einige Interessenten melden. Am Cottbusser Platz schaut sich derweil ein Anwohner den kaputten Pfeil an. Er weiß nicht, was das soll, sagt er. „Aber da passiert bestimmt noch was.“ MARLENE WOLF