Der Senat macht sich noch Arbeit

Kurz vor der Wahl wagt der Senat den Einstieg in den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. In einem Modellprojekt bekommen Arbeitslose sozialversicherungspflichtige Jobs und helfen Senioren

von ULRICH SCHULTE

Der Senat will kurz vor Ende der Legislaturperiode in einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor einsteigen – zunächst mit einem Modellprojekt für 60 Langzeitarbeitslose. Die TeilnehmerInnen sollen nach taz-Informationen zum Beispiel Botengänge oder Einkäufe für alte Menschen übernehmen, die zu Hause leben und nicht pflegebedürftig sind, im Alltag aber kleine Hilfeleistungen brauchen. „So etwas bieten Pflegedienste nicht an. Und wenn doch, kann es sich kaum jemand leisten“, sagt Susanne Ahlers, Staatssekretärin in der Arbeitsverwaltung.

Das Modellprojekt wendet sich an die, deren Chancen beim Kampf um Jobs verschwindend gering sind. „Andere Instrumente wie die 1-Euro-Jobs zielen auf den ersten Arbeitsmarkt. Es ist aber illusorisch, zu glauben, dass man in Berlin allen Arbeitslosen reguläre Arbeitsplätze beschafft“, sagt Ahlers. Die Arbeitslosenquote lag im Juni bei 17,2 Prozent, sie pendelt seit Jahren um diesen hohen Wert.

Genau hier setzt das Projekt an, das der Senat im September offiziell vorstellen will. Die TeilnehmerInnen bekommen sozialversicherungspflichtige, öffentlich bezuschusste Stellen, so die Idee. Der Lohn werde sich zwischen dem normalen Satz in der Altenpflege und einem 1-Euro-Job bewegen, sagt Ahlers. Eine genauere Zahl will die Staatssekretärin noch nicht nennen. „Fest steht: Es geht nicht darum, Dumpinglöhne zu etablieren.“ Notfalls werde der Stundensatz im Monat reduziert, um das Gehalt anzuheben. Die Stellen sind auf lange Sicht angelegt – anders als 1-Euro-Jobs, die nur drei bis sechs Monate dauern. „Nur so können die Teilnehmer eine persönliche Bindung aufbauen, die entscheidend ist“, sagt Ahlers. Aus Sicht der Arbeitsverwaltung müssen private Anbieter keine Konkurrenz fürchten. Zum einen sei die Marktnische nicht profitabel. Zum anderen werde der Einsatz der Arbeitslosen sorgfältig geprüft, verspricht Ahlers.

Der Senat lässt das Projekt wissenschaftlich auswerten. Es soll auch auf andere Bereiche wie die Jugendarbeit ausgeweitet werden. Für die Finanzierung zapft die Regierung verschiedene Quellen an. Wer den Dienst in Anspruch nehmen möchte, soll dafür eine kleine Summe im Monat zahlen. Der größte Teil des nötigen Geldes stammt jedoch aus dem Topf der Jobcenter, der für die Eingliederung Langzeitarbeitsloser gedacht ist, dem so genannten Eingliederungstitel II. In Berlin beläuft er sich auf knapp 508 Millionen Euro.

taz-serie „prekäre leben“ SEITE 19