Tränenpalast als Resterampe

Inventar des insolventen Kulturhauses versteigert: Auch DDR-Devotionalien kamen unter den Hammer

Im historischen Tränenpalast an der Friedrichstraße wurde gestern ausgekehrt: Vom Original-Schild „Wechselstelle Staatsbank der Deutschen Demokratischen Republik“ mit der Auktionsnummer 137 über Kleiderbügel, einen Konzertflügel bis zu Stapelstühlen und dem Tresen kam alles unter den Hammer. Der Käufer-Andrang war groß, mehrere hundert Interessenten kamen.

Viele wollten sich vor allem ein Schnäppchen vom Ort zahlreicher Kulturveranstaltungen sichern, zu dem der DDR-Grenzkontrollpunkt nach der Wende wurde. Die wenigen originalen Stücke aus Mauerzeiten gingen gleich mit weg. So fanden als Erstes fünf quietschende Metall-Absperrgitter zum Ineinanderhaken für 120 Euro einen Liebhaber. Das Wechselstellen-Schild noch an alter Stelle in der früheren „Abfertigungshalle“ wird für 110 Euro abmontiert.

„Hier wird an die Teilung erinnert, das darf doch nicht einfach verschwinden“, empörte sich die Berlinerin Petra Scherer. „Ich kann mich nicht damit abfinden“, sagte die 47-Jährige wütend und den Tränen nahe. Ersteigern wollte sie nichts, nur einen letzten Blick werfen in die Halle mit dem schwarz-rötlichen Terrazoboden, dem Kontrollpunkt der Grenzposten und den explosionssicheren, rötlichen Neonleuchten.

In Berlin gibt es nur noch wenige authentische Spuren von Mauer und Teilung, vor allem Touristen suchen danach. In dem Anbau des Grenzübergangs Friedrichstraße verabschiedeten sich zu DDR-Zeiten oft unter Tränen Verwandte und Freunde, bevor Westberliner und Westdeutsche aus der „Hauptstadt der DDR“ wieder ausreisten.

Nach der Insolvenzversteigerung gehen im Tränenpalast endgültig die Lichter aus, auf dem Areal soll ein zehngeschossiges Geschäftshaus gebaut werden. „Alles muss raus, am 15. August wird das Gebäude an den Investor übergeben“, sagte Auktionator Holger Haun. Dass der unter Denkmalschutz stehende Komplex als Veranstaltungsort für die Kultur erhalten bleibt, wie vom Investor angekündigt, glauben nicht alle. Am letzten Samstag klatschten dort Besucher das letzte Mal – für einen Kabarettisten und einen kubanischen Musiker.

Der bisherige Betreiber des Tränenpalastes, der den Bau nach der Wende vor dem Abriss bewahrte und als Denkmal schützen ließ, hatte Insolvenz angemeldet. DPA