Pflüger holt sich Verstärkung

Das Schattenkabinett des CDU-Spitzenkandidaten ist eine Mischung aus Parteistrategen, Hinterbänklern und klugen Köpfen aus Wirtschaft und Wissenschaft. Der Bürgerrechtler Rainer Eppelmann übernimmt das Ressort Arbeit/Soziales

Die Frage, wem die CDU aus ihren Reihen einen Ministerposten zutraut, war eine der spannenderen des Wahlkampfes. Ihr Personaltableau gilt als schmal – vorsichtig gesagt. Gestern hat Spitzenkandidat Friedbert Pflüger die Antwort präsentiert. Und sie fällt unerwartet aus: Sein Schattenkabinett punktet mit Überraschungen und interessanten Köpfen, die nicht aus dem Parteibetrieb stammen. Es finden sich aber auch altbekannte Hinterbänkler und unbekannte Jungpolitiker.

Für den Promi-Bonus sorgt der DDR-Bürgerrechtler Rainer Eppelmann. Der Vorsitzende der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur hatte eigentlich mit dem CDU-Bundestagsmandat 2005 seine politische Karriere aufgegeben. „Auf die Bitte seines Freundes“, wie er sagt, würde er im Fall einer CDU-Regierungsbeteiligung das eigens geschaffene Ressort Arbeit und Soziales übernehmen. Dass Pflügers Team tatsächlich zum Zuge kommt, ist sehr unwahrscheinlich. In Umfragen liegt die CDU bei 22 Prozent, die SPD bei 32.

Eine weitere Überraschung ist, dass Monika Grütters für die Kultur zur Verfügung stünde. Die ausgewiesene Kennerin des Kulturbetriebs feiert mit der Nominierung ein Berliner Comeback. Sie gilt als liberal und hatte den konservativ-provinziellen CDU-Landesverband 2005 gerne für einen Sitz im Bundestag hinter sich gelassen. Auch der CDU-Abgeordnete Alexander Kaczmarek kann als gute Wahl für das Ressort Finanzen gelten. Der Haushalts- und Verkehrsexperte seiner Fraktion wird im Parlament auch von politischen Gegnern als sachkundig geschätzt.

Frank Henkel (Inneres) und Michael Braun (Justiz) bedienen hingegen die Stammtische – gerne auch mal mit rechtslastigen Sprüchen: Generalsekretär und Hardliner Henkel warnte zum Beispiel jüngst vor einem Flüchtlingsstrom aus dem Libanon. Rechtsexperte Braun forderte im Jahr 2003, Schülerinnen im Klassenzimmer das Kopftuch zu verbieten. Um ihn wäre Pflüger in seinem Team schwerlich herumgekommen. Braun ist als Chef des starken Kreisverbands Steglitz-Zehlendorf einer der mächtigen Männer in der CDU.

Einer breiten Öffentlichkeit unbekannt ist hingegen der 30 Jahre alte Abgeordnete Mario Czaja, der für Verkehr und Umwelt antritt. Was den gesundheitspolitischen Sprecher seiner Fraktion dafür qualifiziert, erklärte Pflüger nicht. Nur, dass er ihn für „kompetent“ hält. Czaja geriet Anfang des Jahres ins Gespräch, weil er seinen Lebenslauf mit einem in Deutschland nicht anerkannten Diplom frisiert hatte. Auch Pflügers Mann für Stadtentwicklung spielt politisch in der zweiten Liga: Michael Wegner ist derzeit Baustadtrat von Reinickendorf.

Die Riege mehr oder weniger bekannter CDUler wird von KandidatInnen ergänzt, denen der Partei- und Politikbetrieb fremd ist – die sich aber in ihren Fachgebieten einen Namen gemacht haben. Der Chef des Unfallkrankenhauses Berlin Axel Ekkernkamp soll sich um Gesundheit kümmern, Detlef Stronk, der Chef der ZukunftsAgentur Brandenburg, um Wirtschaft. Stronk war im Diepgen-Senat Chef der Staatskanzlei und wechselte danach in die Wirtschaft. Dort arbeitete er zum Beispiel im Vorstand der Herlitz AG.

Die Schulen und Universitäten lässt Pflüger von zwei parteilosen Frauen managen. Die Lehrerin und Chefin der Arbeitsgemeinschaft Jugend und Bildung Eva-Maria Kabisch übernimmt die Bildung, für Wissenschaft ist Monika Schäfer-Korting verantwortlich, Naturwissenschaftlerin und Ex-Vizepräsidentin der Freien Universität.

Jüngstes Teammitglied ist die 28-jährige Astrid Jantz. Die Lichtenberger Nachwuchshoffnung bastelt gerade noch an ihrem Bachelor-Abschluss in Sozial- und Politikwissenschaften. Ihr Ressort passt zu ihrem Alter: Jugend und Sport. ULRICH SCHULTE