Schlamperei bei Servicearbeiten

Nach dem Störfall im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark sind die Ursachen immer noch ungeklärt. Erste Untersuchungsergebnisse der Atomaufsichtsbehörde bemängeln die fehlerhafte Installation von Anschlüssen

STOCKHOLM taz ■ Sind schwedische und deutsche Atomreaktoren technisch wirklich so unterschiedlich konstruiert, dass ein Vorfall wie in Forsmark in deutschen Anlagen unvorstellbar ist? Anders Bredfell, Sprecher der schwedischen Atomaufsichtbehörde SKI, muss im Gespräch mit der taz über eine solche Frage lachen: Spezielle deutsche und schwedische Sicherheitslösungen gebe es nicht. „Und es gibt mehrere Rapporte der IAEA, die eine Vergleichbarkeit der technischen Lösungen beweisen.“

Vermutlich handelt es sich um ein baujahrabhängiges technisches Detail, das die nun stillstehenden schwedischen Reaktoren von den fünf nicht vom Netz genommenen schwedischen und offenbar auch von den meisten deutschen Meilern unterscheidet. Die Analyse ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Der Defekt der Wechselrichter (siehe Text rechts) erklärt laut SKI nicht zwingend, was in Forsmark passiert ist. Es bestehe möglicherweise noch ein zusätzlicher Zusammenhang mit den von AEG gelieferten „Anlagen zur unterbrechungsfreien Stromversorgung“, die nicht ordnungsgemäß funktioniert haben – und die auch in deutschen Reaktoren verwendet werden. Sie werden bei AEG derzeit untersucht.

SKI beschäftigt sich unterdessen noch mit einem anderen Forsmark-Detail, das womöglich den Blackout im Forsmark-Kontrollraum erklären kann. Erst nach tagelanger Verzögerung hat Vattenfall-Forsmark die Atomaufsicht in dieser Woche darüber informiert, dass bei Servicearbeiten im vergangenen Jahr Techniker den Unterfrequenzschutz einer Generatorsicherung phasenverkehrt montiert hatten. Im Klartext: Plus- und Minuspol wurden vertauscht. Laut einer der taz vorliegenden Zusammenfassung des Forsmark-Störungsberichts war die Bedeutung einer „phasenrichtigen“ Installation der Anschlüsse für Effekt und Spannung des fraglichen Generators den Technikern durchaus bekannt. Doch wie man dann lapidar und ohne weitere Begründung fortfährt: „Was den Unterfrequenzschutz angeht, war die Bedeutung der phasenrichtigen Installation unbekannt.“ Hätte man wie erforderlich „phasenrichtig“ installiert, wäre laut Störungsbericht im Kontrollraum „der Spannungsabbruch auf etwa 2 Sekunden statt der tatsächlichen 22 Minuten zu begrenzen gewesen“.

Bei SKI sieht man diesen Fehler sehr kritisch: „Nach der Montage hätte man prüfen müssen, ob die Anlage funktioniert“, erklärte SKI-Inspektionschef Leif Carlsson in einem Radiointerview: „Soweit ich das verstehe, hat man dies versäumt.“ Forsmark-Vattenfall-Informationschef Claes Inge Andersson hat eine seltsame Erklärung für die falsche Kopplung der Phasen: „Die Techniker verfügten über keine Gebrauchsanweisung.“ SKI-Inspekteur Carlsson: „Die Verantwortung dafür, dass Ausrüstungen richtig montiert und anschließend getestet werden, liegt ausschließlich beim Reaktorbetreiber.“ Der Blackout, der es am 25. Juli wesentlich erschwert hatte, den Reaktor wieder in den Griff zu bekommen – er scheint, zumindest teilweise, auf unverantwortliche Schlamperei zurückzuführen zu sein.

REINHARD WOLFF