Berliner weiter in Polen in Haft

Auf dem Warschauer CSD im Juni hat die Polizei Rene K. festgenommen. Seitdem sitzt der 22-Jährige in U-Haft. Die Verteidigung geht von einer Verwechslung aus

Aus dem Tagesausflug nach Warschau sind für Rene K. inzwischen zwei Monate geworden. Der 22-jährige Berliner wurde im Juni dieses Jahres in Warschau während einer Parade für sexuelle Gleichberechtigung von der Polizei festgenommen (taz berichtete) und sitzt seitdem in der Nähe der polnischen Hauptstadt in Untersuchungshaft.

Am 10. Juni hatten polnische Homosexuellengruppen in Warschau zur Gleichheitsparade aufgerufen und dabei ausdrücklich um Unterstützung aus dem Ausland gebeten. Sowohl Grüne als auch Antifagruppen fühlten sich angesprochen und hielten in Warschau ihre Fahnen und Transparente hoch. Schon auf der genehmigten Route gab es mehrere Störversuche von polnischen Rechtsradikalen und katholischen Fundamentalisten. Bei der Abschlusskundgebung in der Warschauer Innenstadt eskalierte dann die Situation kurzzeitig, und es kam zu Rangeleien zwischen DemonstrantInnen und GegnerInnen. Kurz darauf war Rene K. festgenommen worden.

Er wird beschuldigt, aus einer Gruppe von 20 vermummten DemonstrationsteilnehmerInnen mit einer Spraydose und einem Schlagstock Polizeibeamten angegriffen zu haben. K. bestritt die Vorwürfe und erklärte, er sei von der Polizei verwechselt worden. Recherchen seines Berliner Anwalts Wolfgang Kaleck kommen zu dem gleichen Schluss. Mehrere AugenzeugInnen bekundeten, dass K. während der Demonstration weder Schlaggegenstände noch eine Sprühdose bei sich getragen hatte und auch nicht vermummt war.

Diese Version wird auch von Bildern aus dem Internet bestätigt. Dort ist K. kurz vor der Festnahme in einem Abstand von etwa fünf bis zehn Metern zu einer eher verbalen Auseinandersetzung zwischen DemonstrantInnen und rechten GegnerInnen zu sehen. Auf dem Foto trägt er dieselbe Bekleidung wie bei der Festnahme. Für Kaleck steht fest: „Bei der Festnahme durch die polnischen Polizeibeamten handelt es sich daher eindeutig um einen Irrtum“.

Weder die aus dem Internet gezogenen Fotos noch die ZeugInnenaussagen sind den polnischen Strafverfolgungsbehörden allerdings bisher bekannt. Dem will der Warschauer Rechtsanwalt Przemysław Piotrowski im Auftrag seines Mandanten K. abhelfen. Spätestens am 9. September muss die Hauptverhandlung beginnen, denn nach polnischem Strafprozessrecht dürfen nicht mehr als drei Monate zwischen Festnahme und Verhandlungsbeginn verstreichen. Die Verteidigung geht davon aus, dass auch das Gericht die Verwechslung anerkennen und K. bereits am ersten Prozesstag aus der Haft entlassen wird. Nachdem das deutsche Konsulat anfänglich seine Unterstützung verweigerte, betreut die deutsche Botschaft Rene K. derzeit in Haft. Peter Nowak