Fahrdienst kommt nicht in Fahrt

Die Kritik am Fahrdienst für Behinderte häuft sich: Die Telefonnummer sei ständig besetzt, bestellte Fahrzeuge kämen nicht, sagt der Behindertenverband. Er protestiert heute vor dem Roten Rathaus

Von Eva Gnädig

Die Behinderten machen mobil: Mit einer Kundgebung vor dem Roten Rathaus soll der Senat heute auf Qualitätsmängel beim Sonderfahrdienst aufmerksam gemacht werden. Anlass für den Protest ist der erneute Betreiberwechsel beim Fahrdienst. Man rechne mit 100 Teilnehmern, sagte der Veranstalter und Vorsitzende des Berliner Behindertenverbands, Ilja Seifert.

Hauptproblem sei die schlechte Erreichbarkeit der Rufnummer, so Seifert. Bis zu 30 Minuten Warteschleife müssten die Betroffenen in Kauf nehmen. Für diese Zeit würden Gebühren berechnet. „Ich habe eine Woche lang mehrmals täglich versucht, einen Wagen zu bestellen. Es war unmöglich, durchzukommen“, berichtet eine Frau der taz. Und komme man durch, müssten manche Betroffene vergebens warten: Sie würden gar nicht abgeholt – ohne Absage. Auch die Rückfahrten seien nicht gewährleistet. Zudem, so Seifert, müssen Betroffene Stornogebühren für ausgefallene Fahrten bezahlen, die der Betreiber zu verantworten habe.

Alle Fahrten müssen mindestens einen Tag im Voraus gebucht werden. Der Verband fordert deswegen eine Notrufnummer für dringende Fälle. Um die Probleme zu lösen, verlangt der Behindertenverband die Bildung eines Fahrgastbeirats: „Ein solches Gremium muss zu mindestens 50 Prozent von Betroffenen gestellt werden“, verlangt Seifert.

Kern des Problems sei die Kürzung der Zuschüsse durch das Land. Dies bestätigt der Landesbeauftragte für Behinderte, Martin Marquard. Derzeit betrage die Förderung 9,1 Millionen Euro, 3 Millionen Euro weniger als 2005. Zu diesem Preis wollte der frühere Anbieter des Fahrdienstes, der diese Aufgabe 25 Jahre lang erfüllte, nicht arbeiten, so Marquard. Deswegen wurde ihm im vergangenen Jahr die Verantwortung entzogen. Nach einem Interimsbetreiber betraute der Senat im Juli nach einer Ausschreibung die Wirtschaftsgenossenschaft Berliner Taxibesitzer (WBT) mit der Aufgabe.

Seither klagt der Behindertenverband über Verschlechterungen. Seifert spricht von einem ihm nicht verständlichen Widerspruch: „Der Senat beteuert, dass die Anzahl der Fahrten beim neuen Betreiber trotz der finanziellen Kürzungen gleich geblieben sei. Gleichzeitig klagen die Subunternehmer der WBT aber über Verluste im fünfstelligen Bereich.“ Betroffene wiederum beschwerten sich, dass es immer schwieriger sei, überhaupt eine Fahrt zu bekommen. „Da beißt sich irgendetwas in den Schwanz. Ich weiß nur noch nicht, was“, kommentiert Seifert, der auch Bundestagsabgeordneter der PDS ist.

Zuständig für den Fahrdienst ist Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS). Ihre Staatssekretärin verteidigt das freiwillige Angebot des Senats gegen die Kritik. Bei den Kritikpunkten handle es sich um Anlaufprobleme, so Petra Leuschner. Und die werde man rasch beseitigen. Leuschner wird sich heute den Fragen der protestierenden Betroffenen stellen.