„Es handelt sich um ein Anlaufproblem“

Die Pannen beim Fahrdienst für Behinderte sollen rasch beseitigt werden, verspricht Petra Leuschner (PDS), Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Soziales. Bilanz ziehen könne man erst nach einem Vierteljahr

taz: Frau Leuschner, Sie gehen heute auf die Demonstration des Behindertenverbandes. Was sagen Sie den Betroffenen?

Petra Leuschner: Ich komme gerade aus einer Runde mit den Fuhrunternehmen, der Wirtschaftsgenossenschaft Berliner Taxibesitzer und unserem Beschwerdemanagement. Dabei haben die Beteiligten klar gesagt: Die Erreichbarkeit der Zentrale wurde verbessert, womit schon ein großes Problem gelöst wäre – wobei natürlich jeder Betroffene einen anderen Eindruck hat.

Offensichtlich. Der Behindertenverband berichtet, dass manche tagelang auf ihre Bestellung warten müssen.

Solche Beschwerden bekomme ich auch. Es ist natürlich schwierig, mit solchen Problemen konkret umzugehen. Man muss sich fragen: Wie funktioniert das System und wo sind die Mängel?

Wie lautet Ihre Antwort?

Der Betreiber sagt, dass die Gespräche mit Behinderten sehr viel länger dauern, als alles Vergleichbare, was er beim normalen Taxibetrieb erlebt. Das wird mit der Zeit besser. Die Gespräche dauern im Moment länger, weil bestimmte Daten neu abgefragt werden müssen, zum Beispiel, ob es eine Parkmöglichkeit gibt. Es handelt sich um ein Anlaufproblem.

Das tröstet die jetzt Betroffenen nicht.

Das Unternehmen berichtet, es habe sich schon viel verbessert. Zusätzlich wird es in der Zentrale eine personelle Verstärkung geben, so dass zumindest theoretisch mehr Anrufe entgegengenommen werden können. Außerdem wird noch im August eine Notrufnummer eingerichtet – womit wir eine Forderung der Betroffenen erfüllen.

Der Wechsel zur Taxigenossenschaft erfolgte nur, weil sie viel billiger fährt als die Vorgängergesellschaft. Sind da qualitative Verschlechterungen nicht eingeplant?

Nein. Ausschreibungen sind Ausschreibungen. Es bekommt derjenige den Zuschlag, bei dem die Leistungskriterien erfüllt sind und der dafür das günstigste Angebot macht.

Die Leistungskriterien sind offensichtlich nicht erfüllt.

Das können Sie doch nach sechs Wochen noch nicht messen.

Wann dann?

Ich denke, wir können nach einem Vierteljahr eine Bilanz ziehen. Die gleichen Beschwerden gab es am Anfang auch beim vorherigen Betreiber.

Der Senat hat die Mittel für den Transport Behinderter von 12,1 auf 9,1 Millionen Euro im Jahr gekürzt. 2007 werden nochmals zwei Millionen eingespart. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Behinderten zu. Wie erklären Sie den Widerspruch?

Nicht jeder, der behindert ist, ist auch berechtigt für den Sonderfahrdienst. Wir haben mit dem Sonderfahrdienst eine einmalige Einrichtung – die auch immer wieder in Frage gestellt wurde. Wir waren in dem finanziellen Druck, strukturelle Veränderungen vorzunehmen. Die Disposition der Fahrten ist nun effizienter geworden, andere Kostenträger wurden in finanzielle Verantwortung genommen. Zudem haben wir die Eigenbeteiligung erhöht.

Die Eigenbeteiligung ist sehr hoch. Ab der neunten Fahrt sind es 5 Euro, ab der 17. Fahrt 10 Euro …

Das ist durchaus gewollt. So verhindern wir, dass manche den Fahrdienst permanent nutzen und anderen damit diese Möglichkeit nehmen. Der zusätzliche Härtefallfonds ist nicht ausgeschöpft. Außerdem investiert das Land sehr viel in den öffentlichen Nahverkehr. Denn der ist ja für viele auch eine Alternative.

Für viele aber auch nicht.

Sie müssen mir abnehmen, dass wir im Vorfeld sehr viel mit den Betroffenen gesprochen haben. Es gibt viele, die den ÖPNV nutzen. INTERVIEW: EVA GNÄDIG