Lustige Witwen sollen um Geld trauern

Ehegatten sollen erst mit 50 Jahren Anspruch auf Hinterbliebenenrente haben, fordert Unionsexperte Peter Weiß. Die jetzige Regelung sei „nicht mehr vermittelbar“. Selbst CDU-Kollegen sehen das anders. Ohnehin sind junge Witwen eine Seltenheit

VON COSIMA SCHMITT

Es ist ein beliebtes Szenario in einer eher altmodischen TV-Romanze: Die junge Studentin ehelicht den betagten Professor. Die Auszubildende heiratet ihren schon ergrauten Chef. Sollte der Gatte allzu früh versterben, ist das allenfalls ein Gefühlsproblem. Die Witwe lebt weiter in Wohlstand, genährt durch eine üppige Hinterbliebenenrente.

Im wahren Leben soll solch ein komfortables Dasein künftig erschwert werden – zumindest nach dem Willen des Unions-Rentenexperten Peter Weiß. Der wenig bekannte CDU-Politiker nutzte die Sommerruhe, um auch einmal Schlagzeilen zu machen. Erst mit 50 oder 52 Jahren statt wie bisher mit 45 sollen Witwen oder Witwer den vollen Anspruch auf Hinterbliebenenrente haben, sagte Weiß. Die jetzige Regelung sei „in diesem Jahrhundert nicht mehr vermittelbar“.

Bislang haben Hinterbliebene, die ein minderjähriges Kind erziehen oder über 45 Jahre alt sind, Anspruch auf 55 bis 60 Prozent der Rente des Verstorbenen. Sind sie berufstätig, wird nur ein Teil ihres Einkommens angerechnet. Sie können neben Abschlägen für Steuern und Sozialabgaben einen Freibetrag von etwa 690 Euro (Ost: 606 Euro) abziehen – der sich für jedes Kind, das sie großziehen, noch einmal um rund 150 Euro erhöht. Von dem verbleibenden Einkommen werden dann 40 Prozent auf die Hinterbliebenenrente angerechnet.

Schon länger erheben sich immer wieder Stimmen, die fragen, ob diese Regelungen – geschaffen in einer Zeit, in der es Soldatenwitwen zu versorgen galt und Ehefrauen tendenziell allein Hausfrauen waren – noch zeitgemäß sind. Parallel zu Weiß erneuerte jetzt etwa Bert Rürup, Rentenexperte und Vorsitzender der „Wirtschaftsweisen“, seine Forderung nach einer Reform. Angesichts der steigenden Erwerbstätigkeit von Frauen stelle sich die Frage, ob bei künftigen Hinterbliebenen „andere Einkommen nicht stärker berücksichtigt werden können“, sagt er.

Die Novelle träfe vor allem Frauen. Denn derzeit werden etwa fünf Millionen Witwenrenten ausbezahlt – aber nur rund 470.000 Witwerrenten. Die Summen allerdings sind zumindest im Mittelmaß eher bescheiden. Im Schnitt erhält die Witwe 553 Euro im Monat, der Witwer 231 Euro.

Die Statistik der Deutschen Rentenversicherung zeigt auch: Empirisch gesehen, spielen die jetzt so vieldiskutierten jungen Witwen nur eine geringe Rolle. Gerade einmal 1,6 Prozent der Bezieherinnen von Witwenrente sind zwischen 45 und 49 Jahre alt. Weit öfter sind sie selbst schon hochbetagt. Im Schnitt sind Frauen, die diese Leistungen erhalten, bereits 75 Jahre alt.

Als Erregerthema indes taugt der Vorstoß allemal. „Die Witwenrente darf nicht angetastet werden“, sagte etwa Adolf Bauer, Präsident des Sozialverbands Deutschland der taz. „Der Versuch der Union, sich im Sommerloch mit Vorschlägen für einen weiteren Sozialabbau zu profilieren, wird fehlschlagen.“

Doch auch in der Union selbst erhob sich Kritik. Ilse Falk etwa, Vizevorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, nennt eine höhere Altersgrenze „kontraproduktiv“. Vor allem Frauen, die wegen der Kinder auf den Beruf verzichtet hätten oder als Mütter nur Teilzeit arbeiten, seien „auf diese unterstützende Absicherung angewiesen“.

Aus Kreisen der SPD-Fraktion hieß es, man könne über eine Anhebung von 45 auf 47 Jahre nachdenken. Eine Grenze von 50 oder 52 Jahren aber sei „unangemessen“. Und selbst der Reformbefürworter Bert Rürup warnt vor vorschnellen Forderungen: Änderungen müssten „konzeptionell durchdacht“ sein und unabhängig von der derzeitigen Debatte um eine Rente mit 67 erarbeitet werden.