Mülltonnen für Milchkonzern Campina

Dem Molkereibetrieb ist es laut Greenpeace egal, ob seine Milchkühe mit Genmais gefüttert werden oder nicht

BERLIN taz ■ Die Lieferung war ungewöhnlich. Statt Milch bekam die Zentrale des Molkereikonzerns Campina gestern 30 Mülltonnen geliefert. Inhalt: genmanipulierter Mais, den Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace am Vortag auf einem Feld im brandenburgischen Wölsickendorf geerntet hatten. Der Grund: Campina bezieht seine Milch unter anderem von der Agrargenossenschaft Höhe eG –und die baut in Wölsickendorf Genmais an, der nach Ansicht der Greenpeaceler auch in den Futtertrögen der Milchkühe landet. „Die Wünsche der Verbraucher sind Campina offensichtlich gleichgültig“, sagte Greenpeace-Gentechnikexperte Alexander Hissting.

Von Campina war gestern keine Stellungnahme zu erhalten. Aber das Unternehmen wäre nicht die einzige Molkerei, von der kein klares Nein zur Gentechnik zu hören ist. Es gibt keine einheitliche Linie des Dachverbandes Deutsche Milchindustrie. Das sei Sache der einzelnen Molkereien, heißt es.

Der Branchenriese Müller Milch beispielsweise verweist auf den „aktuellen Forschungsstand“ und will seinen Milchlieferanten keine Einschränkungen auferlegen. Auch nach 10 Jahren gebe es keinen „wissenschaftlich haltbaren Beleg“ für den „Übergang von gentechnisch verändertem Futter in die Milch“.

Die EU macht ebenfalls keine weiteren Vorgaben. Sie schreibt nur vor, dass „gentechnisch veränderte Lebens- und Fütterungsmittel“ gekennzeichnet werden. Die Verordnung gilt jedoch „nicht für Erzeugnisse, die von Tieren gewonnen werden, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert werden“. Im Klartext: Die Milch am Frühstückstisch kann von einer Kuh stammen, die genveränderten Mais oder genverändertes Soja gefressen hat, ohne dass darauf hingewiesen werden muss.

Greenpeace-Experte Christoph Then räumt ein, dass es bislang keinen Beleg für den Übergang von Genmais in die Milch gibt. Das liege aber vor allem an „statistischen Tricks“. Denn es gebe „deutliche Anzeichen dafür“. So wiesen Ratten in einer aktuellen Studie nach Fütterung mit Genmais veränderte Blutwerte auf. Die EU-Grünen-Abgeordnete Hiltrud Breyer erhielt gestern Zugang zu dieser Studie, die für ein Zulassungsverfahren des genveränderten Maises MON810 der US-Firma Monsanto der EU vorgelegt worden war. Erste Ergebnisse „unabhängiger Wissenschaftler“ seien nicht vor Herbst zu erwarten, schätzt deren Assistentin Nora Schiessler. Breyer hofft nun, mit dem neuem Zahlenmaterial die Entscheidung von Bundesagrarminister Horst Seehofer (CSU) für eine „friedliche Koexistenz“ von genveränderten und gentechnikfreien Produkten kippen zu können.

Es gibt Bauern und Molkereien, die diese Entwicklung nicht erst abwarten wollen. Und sie gehören nicht nur zu den üblichen Verdächtigen der Bio-Szene. So ist es für Josef Jacobi keine Frage, warum die zur Upländer Bauernmolkerei gehörenden Landwirte ihre Kühe nicht mit genveränderten Pflanzen füttern: „Der Verbraucher will es nicht, den Landwirten hilft es nichts. Und gesundheitlich ist es äußerst fragwürdig“, sagt der Aufsichtsratsvorsitzende. Diese Ansicht teilen auch andere kommerzielle Molkereien wie Berchtesgadener Land und die Andechser Molkerei. SUSANNE SCHWARZ