Warschau boykottiert Berlin

Wegen der Vertriebenen-Ausstellung sagt Warschaus Stadtpräsident Marcinkiewicz kurzfristig seinen Besuch ab. Gefeiert werden sollten 15 Jahre Partnerschaft zwischen Berlin und Polens Hauptstadt

VON UWE RADA

Die Politik der polnischen Populisten, rechte Wähler mit der antideutschen Karte zu mobilisieren, hat jetzt auch die Städtepartnerschaft Berlin/Warschau erreicht. Gestern sagte der amtierende Stadtpräsident der polnischen Hauptstadt, Kazimierz Marcinkiewicz, kurzfristig seinen für den Abend geplanten Berlinbesuch ab. Aus Anlass des 15. Jubiläums der Städtepartnerschaft sollte Marcinkiewicz zusammen mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) die Ausstellung „Warschau in Berlin“ eröffnen.

Seine Absage begründete der im Juli aus dem Amt geschiedene ehemalige Ministerpräsident der rechtspopulistischen Staatsregierung mit der Ausstellung „Erzwungene Wege“, die am Donnerstagabend im Berliner Kronprinzenpalais eröffnet wurde. Im polnischen Nachrichtensender TVN 24 sagte Marcinkiewicz, sein Besuch in Berlin könne in Polen missverstanden und entsprechend ausgenutzt werden. In Polen stehen im Herbst Kommunalwahlen an, Marcinkiewicz kandidiert für die nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) erneut für das Bürgermeisteramt von Warschau.

Allerdings betonte Marcinkiewicz auch, seine Absage habe nichts mit dem Verhältnis zur Hauptstadt des Nachbarlandes zu tun, das er als „sehr gut“ bezeichnete. Er sei sicher, dass der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit seine Gründe verstehe, so Marcinkiewicz weiter. Er wolle seinen Amtskollegen deshalb nach Warschau einladen, um das 15-jährige Bestehen der Städtepartnerschaft der beiden Metropolen zu feiern.

Klaus Wowereit hat die Absage von Marcinkiewicz gestern mit „Bedauern“ kommentiert. „Unsere 15-jährige Städtepartnerschaft beruht auf vielen Kontakten zwischen Bürgern, Wirtschaft und Institutionen und wird weiter funktionieren“, zeigte er sich überzeugt. Die Gründe für die Absage seien nicht in der Städtepartnerschaft selbst zu suchen. An die Adresse des Warschauer Kollegen sagte Wowereit: „Ich bin fest überzeugt, dass eine positive Entwicklung von Beziehungen im gemeinsamen Interesse nur dann gelingen wird, wenn man den Dialog sucht und nicht meidet.“ Auf die Einladung nach Warschau reagierte der Regierende Bürgermeister allerdings zurückhaltend. „Das kann man heute noch nicht sagen“, sagte Senatssprecher Michael Donnermeyer.

Weniger diplomatisch zeigte sich die Kulturmanagerin Ewa Strozczynska-Wille, die die Ausstellung „Warschau in Berlin“ promotet. „Hier wird die Arbeit von einem Dreivierteljahr mit einer einzigen Geste in Frage gestellt. Als Polen sind wir da platt.“ Für die Künstler zwischen beiden Städten gelte aber: „Unsere Arbeit geht weiter, jetzt erst recht.“

Auf der Ausstellungseröffnung selbst wurde Marcinkiewicz vom Vorsitzenden des Warschauer Stadtrates, Witold Kolodziejski, vertreten. Der sagte lediglich: „Dieser Tage werden in Berlin ja viele Ausstellungen eröffnet. Ich glaube, dass allein die Kunst in der Lage ist, wahre Brücken zu bauen.“

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