Senat hat sich vertippt

Eigentlich wollte der Senat seit Mai konsequent gegen illegale Wettbüros vorgehen. Passiert ist bisher wenig: Nur sechs private Anbieter mussten schließen. Grüne: Kontrollen sind mangelhaft

VON JONAS MOOSMÜLLER

Die Ankündigung ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: In Berlin wolle man „konsequent gegen illegale Sportwettbüros vorgehen“, hatte die Senatsverwaltung für Finanzen Mitte Mai erklärt. Zu spüren ist davon bis heute wenig: 330 private Wettbüros gibt es in Berlin, lediglich 6 wurden in den vergangenen Monaten geschlossen. Die Anzahl privater Wettanbieter sei sogar immer noch leicht ansteigend, muss Clemens Teschendorf, der Referent von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), einräumen.

Dabei wird die Luft für sie immer dünner: Am Donnerstag vergangener Woche untersagte das sächsische Innenministerium der Firma bwin – früher betandwin –, Sportwetten anzunehmen und für sie zu werben. Die Behörde erhoffte sich von ihrer Entscheidung eine „Signalwirkung“ für die anderen Bundesländer.

„Private Wetten anzubieten oder zu vermitteln hat in Berlin keine gesetzliche Grundlage“ und sei deshalb illegal, stellt auch Teschendorf den Standpunkt der Finanzverwaltung klar. Dabei könne man sich auf den Lotteriestaatsvertrag und die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts berufen. Dieses hatte im März das staatliche Monopol auf Sportwetten bestätigt, wenn der Schutz vor Wett- und Spielsucht in Zukunft konsequent sichergestellt würde.

Nach Bekanntwerden des Urteils habe man über das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (Labo) an alle bekannten Wettbüros Unterlassungsverfügungen verschickt, sagt Teschendorf. In den Schreiben wurden die privaten Wettannahmestellen aufgefordert, ihre Geschäfte einzustellen. Andernfalls würden Strafen von mehreren tausend Euro und Zwangsschließungen drohen.

Trotz der angedrohten Sanktionen fällt das Ergebnis bisher mager aus: Lediglich sechs Wettbüros wurden in den vergangenen Monaten in Berlin geschlossen. Vor allem in Kreuzberg, Wedding, Schöneberg und Neukölln, wo es besonders viele private Annahmestellen gibt, kann weiter ungestört auf den Ausgang von Fußball, Hunderennen und Formel 1 gesetzt werden.

Schuld an den langsamen Fortschritten sei die bisweilen „unübersichtliche Entwicklung“ des Marktes, so Teschendorf. Hinzu käme, dass die meisten Wettanbieter die Möglichkeit genutzt hätten, gegen die Aufforderung zur Schließung Widerspruch einzulegen. Dies, so Teschendorf, verzögere das Verfahren.

Anderer Meinung sind da die Grünen: „Der Senat tut nicht genug dafür, Wettbüros zu kontrollieren und zu schließen“, sagt Holger Michel, der Pressesprecher der Berliner Grünen. Die zuständigen Gewerbeaufsichtsämter hätten zwar den Willen, die privaten Wettbüros zu schließen. Sie seien jedoch „mit der Aufgabe vollständig überfordert“, meint Michel. Der Senat wisse um den Missstand, tue aber nichts dagegen. Auch bei der Umsetzung der vom Bundesverfassungsgericht angemahnten strikten Bekämpfung der Spielsucht passiere noch viel zu wenig, kritisiert der Grünen-Sprecher.

Tatsächlich bleibt der Referent des Finanzsenators vage, wenn es um Maßnahmen gegen die Spielsucht geht. In der Folge des Verfassungsgerichtsurteils sei es zu einer „Verschärfung des Werbeverbots“ für den staatlichen Anbieter Oddset gekommen. Annahmestellen dürften, so Teschendorf, zwar noch auf sich aufmerksam machen. Sie sollten aber nicht mehr direkt werben.

Auch die FDP ist mit dem Vorgehen des Verwaltungsamts für Finanzen nicht einverstanden. Die Liberalen fordern aber anstelle des staatlichen Monopols eine konsequente Öffnung der Sportwetten in Berlin. Ginge es nach der sportpolitischen Sprecherin der FDP-Fraktion Mieke Senftleben, sollte das Land Wettkonzessionen anbieten, um die sich alle Berliner Wettbüros bemühen dürften, um ihren Geschäften legal nachzugehen.