Ein Schulanfang mit einigen Neuerungen

Berliner Schülerinnen und Schüler können in Zukunft ihr Abitur schon in zwölf Jahren machen. Die 49 Berliner Gesamtschulen werden zu Ganztagsschulen. Künftig gibt es bis zu vier Unterrichtsstunden mehr pro Woche

Die Ferien sind zu Ende, und der sichtlich gut erholte Berliner Schulsenator Klaus Böger (SPD) berichtete gestern über die Neuerungen im Berliner Schulsystem. Für die 313.000 Berliner Schülerinnen und Schüler, davon 25.680 Erstklässler, heißt es ab Montag Schluss mit Faulenzen und ab ans Pauken.

Da wären zum einen der verbindliche Ethikunterricht ab der 7. Klasse, zum anderen das auf die 12. Klasse vorgezogene Abitur: Gymnasiasten und Gesamtschüler der neuen 7. Klassen legen ihre Abiturprüfung nun in verkürzter Zeit (12 statt 13 Schuljahren) ab, dafür aber mit erhöhter Wochenstundenzahl. An den Gesamtschulen wird zusätzlich auch die 13-jährige Schullaufbahn angeboten. Rund 13.000 Schülerinnen und Schüler werden erstmalig im neuen Schuljahr ein Zentralabitur schreiben. Böger zeigt sich überzeugt, dadurch einen Schritt zu mehr Überprüfbarkeit und vor allem Gerechtigkeit gemacht zu haben.

Die Berliner Vorsitzende der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), Rose-Marie Seggelke, bezweifelt genau dies: „Es wird keine Verbesserung für SchülerInnen aus sozialen Brennpunkten geben, die werden es sehr viel schwerer haben, da die Lehrer in den Abiturarbeiten zukünftig nicht mehr auf sie eingehen können.“

Die Schulgänger dürfen sich außerdem auf bis zu vier Stunden mehr Unterricht freuen – die neuen Stundentafeln sind für alle Kinder des 7. Jahrgangs an weiterführenden Schulen verbindlich. Über sogenannte Profilstunden können die Schulen nun auch Schwerpunkte in ihrem Schulprofil setzen. Sie müssen zusätzlich bis September in Zusammenarbeit mit Schülern, Eltern und Lehrern Schulprogramme entwickeln, in denen sie festhalten, in welche Richtung sich die Schule entwickeln soll.

Eine andere Neuerung gibt es für die 49 Berliner Gesamtschulen: Sie werden in Ganztagsschulen umgewandelt. Dennoch ist Senator Böger nach eigenen Angaben „weit entfernt davon zu glauben, alles ist gut“ – für ihn muss das Ganze ein längerer Prozess sein. Das sehen die meisten seiner ähnlich: „Die Personaldecke ist knapp geworden, die Schulen sind einfach schlecht ausgestattet, dadurch werden die Ausfallzeiten steigen – jeder kleinere Schnupfen kann da ein Loch in die Planung reißen“, so Gewerkschafterin Seggelke.

Der bildungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Özcan Mutlu, kritisiert die seiner Meinung nach voreilige Einführung des Pflichtfaches Ethik: „Auch wenn wir dies unterstützt und gefordert haben, so ging das viel zu schnell. Die Lehrer wurden durch Kurse geschleust und sind nicht genügend qualifiziert.“

Die plötzlichen Umverteilungen von Gymnasiallehrern an Grundschulen mit Lehrermangel kamen nach Ansicht der GEW ebenfalls viel zu schnell: „Grundsätzlich haben wir nichts dagegen, doch man muss den Lehrern das vorher sagen. Dann hätten auch Fortbildungen in Grundschuldidaktik gemacht werden können.“ Seggelke befürchtet, dass die Qualität der Grundschulen darunter leiden wird. TIM-NIKLAS KUBACH