Nazis wollen einmarschieren

NPD meldet Demo in Bremen an: Die Route führt am jüdischen Altenheim und der Fatih-Moschee quer durch Gröpelingen – den Stadtteil mit der höchsten Migrantenquote. Kaum Chancen für Verbot

von Christian Jakob

Mit 300 Teilnehmern will die rechtsextreme NPD am 4. November durch Gröpelingen marschieren – mitten durch das von vielen Migranten bewohnte Lindenhofquartier. Die vom NPD- Landesverband am 30. Juli angemeldete Demonstration soll vom Oslebshauser Bahnhof über die Lindenhofstraße zu einer Zwischenkundgebung am Bürgermeister-Ehlers-Platz und zurück nach Oslebshausen gehen. Die vorgesehene Route führt direkt am jüdischen Altenheim sowie der Gröpelinger Moschee vorbei. Es würde sich um die erste Demonstration der NPD in Bremen-Stadt überhaupt handeln.

Ein Sprecher von Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) bestätigte den Eingang der Anmeldung, machte jedoch keine Angaben zu einer möglichen Verbotsverfügung. Der letzte im Bremer Stadtgebiet geplante Nazi-Aufmarsch war 1999 durchs Verwaltungsgericht gestoppt worden – wegen „öffentlicher Proteste“. Doch die aktuelle Rechtssprechung macht unwahrscheinlich, dass der Aufmarsch erneut verboten werden kann: Zuletzt mussten die Verwaltungs und Oberverwaltungsgerichte fast alle Verbote von NPD-Demonstrationen in Norddeutschland aufheben.

Das Ortsamt Gröpelingen äußerte gegenüber dem Stadtamt die Befürchtung, dass durch die Demo das vorbildliche Zusammenleben zwischen Migranten und Deutschen in dem Stadtteil mit der höchsten Migrantenquote „nachhaltig gestört“ werden könnte. Weiterhin, so das Ortsamt, sei es inakzeptabel, dass unmittelbar vor dem Jahrestag der Reichspogromnacht am 9. November Neonazis durch die Stadt marschieren. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass Fußballbundesligist Werder Bremen am selben Tag Energie Cottbus empfängt – dessen Fanszene einen hohen Anteil Neonazis aufweist. Das Ortsamt äußerte Zweifel, ob die Polizei dieser Doppelbelastung gewachsen ist.

Unmittelbar nach Bekanntwerden der NPD-Pläne regten sich erste Proteste. Die antifaschistische Jugendorganisation „solid.org“ meldete für den Tag unter dem Motto „Keinen Naziaufmarsch – weder in Gröpelingen noch sonst wo“ eine Gegendemo an. Sie soll vom Depot Gröpelingen zur Demo-Route der NPD führen. solid.org kündigte an, bis November ein breites gesellschaftliches Bündnis schmieden zu wollen, um dem NPD-Aufmarsch entgegenzutreten. „Die Nazis von der NPD sind bisher noch nie durch Bremen marschiert. Wir wollen erreichen, dass das auch so bleibt“, hieß es.

Der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) will am selben Tag in Gröpelingen mit einer Mahnwache und einer Menschenkette an die Reichspogromnacht erinnern. VVN-Sprecher Raimund Gaebelein erklärte, dass die NPD in Gröpelingen bisher nicht in Erscheinung getreten sei. Nur im angrenzenden Stadtteil Walle habe sie bisher Aktivitäten gezeigt – zuletzt mit einem Infostand vor dem Walle-Center in der vergangenen Woche.