Eine Maschine für die Parteiprogramme

Der Berliner Wahl-O-Mat geht heute online. Das Internetangebot wurde von Jugendlichen unter fachgerechter Anleitung erarbeitet und soll vor allem jungen Wählern helfen, sich im Dschungel der Wahlversprechen zu orientieren.

Wer hat schon Zeit, Muße und Geduld, vor den anstehenden Senatswahlen alle Parteiprogramme miteinander zu vergleichen? Bei dieser mühsamen Arbeit kann nun der Wahl-O-Mat helfen. Das Internetangebot wurde von Jugendlichen zusammen mit dem Landesjugendring und der Landeszentrale für politische Bildung Berlin erarbeitet und geht heute online. „Er soll vor allem jungen Wählern helfen, die eigene Parteipräferenz auf einfachem Wege zu überprüfen“, sagt Sandra Schulte vom Berliner Landesjugendring.

Für den Wahl-O-Maten hätten insgesamt 12 Jugendliche zwischen 18 und 22 Jahren zwei Wochenenden lang Parteiprogramme studiert und selbst politische Thesen zu Fragen der inneren Sicherheit, von Schule und Ausbildung oder Familie und Soziales in Berlin entwickelt, schildert Beate Weden von der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit Berlin. Mit Hilfe von Fachleuten und Journalisten seien genau 30 zentrale Aussagen destilliert worden, die ab heute online verfügbar sind. Je nachdem, welchen Thesen der Nutzer zustimmt, berechnet der Wahl-O-Mat, mit welcher Partei die größten Übereinstimmungen bestehen. Laut Weden werden mit SPD, Linkspartei.PDS, CDU, FDP und Bündnis90/Die Grünen alle Parteien berücksichtigt, die eine reelle Chance haben, ins Abgeordnetenhaus einzuziehen.

Ziel des Wahl-O-Maten sei es, vor allem Jugendlichen einen „spielerischen Zugang“ zu den trockenen Wahlprogrammen zu ermöglichen und deren Interesse an Politik zu wecken, sagt Weden. Gerade hier in Berlin, wo der Wahlkampf bislang wenig Aufmerksamkeit bekommen habe, sei das besonders wichtig.

Die Idee kommt aus den Niederlanden. Dort wurde bereits 1985 – damals freilich noch in Papierform – mit der ersten Orientierungshilfe für Wahlen experimentiert. Der Wegweiser zur Stimmabgabe, „Stem Wijzer“, ist heute fester Bestandteil aller niederländischen Wahlkämpfe.

Hierzulande übernahm die Bundeszentrale für politische Bildung die Idee für die Bundestagswahlen 2002. Wahl-O-Maten erscheinen seitdem regelmäßig zu Landtags- und Europawahlen. Nur in Mecklenburg-Vorpommern scheiterte das Projekt jüngst am Einspruch von SPD und CDU. Die Volksparteien hatten argumentiert, die Fragestellung seien nicht repräsentativ genug und unprofessionell formuliert worden.

Das Ergebnis des Wahl-O-Maten solle jedoch nicht als „ konkrete Wahlempfehlung“ verstanden werden, betont Sandra Schulz vom Landesjugendring. Schließlich würden sich die Ergebnisse auf die veröffentlichten Wahlprogramme beziehen, die nicht immer mit der Realität der Politik übereinstimmten. Außerdem könne man mit 30 Thesen nicht das gesamte Themenspektrum der Parteien abdecken, ergänzt Weden.

Im Gegensatz zu den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern, hätten die Berliner Politiker sich äusserst kooperationsbereit gezeigt. Die Fraktionsvorsitzenden der im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien, testen heute Vormittag als erste den Wahl-O-Maten. Im Anschluss daran wird das Angebot unter www.wahl-o-mat.de/berlin für alle Interessierten freigeschaltet. Erstmals lässt sich der Wahl-O-Mat auch über die Internetseite per SMS auf dem Handy bedienen.

Der Landesjugendring Berlin unterstützt noch weitere Projekte, mit denen das Interesse an Politik geweckt werden soll. Unter dem Motto „Beweg was! Politik made in Berlin“ sollen Berliner Schüler eigene Forderungen an die Politik formulieren. Bei „U18“ können all diejenigen schon einmal probehalber über die Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses entscheiden, die eigentlich erst bei den nächsten Wahlen an die Urnen dürften. Jonas Mossmüller