Zwischen Opposition und Anbiederung

Steffen Zillich, der innenpolitische Sprecher der Linkspartei, laviert zwischen den Fronten: Vor Linken fordert er die Abschaffung des Verfassungsschutzes, im Ausschuss äußert er kaum Kritik. Freunde macht er sich damit nicht

Trotz des Dämmerlichts – die Schamröte in Steffen Zillichs Gesicht war am Ende der Veranstaltung nicht zu übersehen. Zur Beginn der Podiumsdiskussion hatte der innenpolitische Sprecher der Linkspartei noch gepoltert, dass er und seine Partei ja für die Abschaffung der Verfassungsschutzbehörde stehen. Nach einem Schwall von Beschimpfungen aus dem Publikum schaute er dann nur noch verlegen auf den düsteren Kirchenboden.

Das Berliner Sozialforum hatte am Mittwochabend zu einer Veranstaltung in die Kreuzberger Heilig-Kreuz-Kirche geladen, um mit dem weitgehend linken Publikum über den jüngsten Verfassungsschutzskandal zu diskutieren. Der Linkspartei-Politiker Zillich, der in Friedrichshain für das Abgeordnetenhaus kandidiert, wird zumindest bei den Kreuzberger Linken kaum Stimmen ziehen. Denn die meisten Anwesenden kennen ihn inzwischen auch von seiner anderen Seite: Gestern etwa saß er gelangweilt im Verfassungsschutzausschuss und lauschte dem ihm gegenübersitzenden Innenexperten der Grünen, Volker Ratzmann.

Ratzmann kritisierte in aller Schärfe das überhebliche Gehabe von Innensenator Ehrhart Körting (SPD); der Grünen-Politiker mahnte dringend eine erneute Reform des Landesamts für Verfassungsschutz an. Zillich müsste dieser Kritik eigentlich weitgehend zustimmen. Und mit einem Nicken tat er das im Ausschuss auch.

Doch sobald der PDS-Politiker selbst das Wort ergriff, war von Schärfe keine Spur. Nach langer Vorrede sagte er irgendwann: „Schon ärgerlich, das mit der Bespitzelung.“ Zwischendurch blickte er hilflos auf Ratzmann – aber nicht in Richtung des Innensenators – und erklärte weiter, dass zumindest in dem aktuellen Verfassungsschutzskandal die parlamentarische Kontrolle nicht so wahnsinnig gut funktioniert habe.

Das wurde selbst dem FDP-Abgeordneten Alexander Ritzmann zu viel: „Doppelzüngig“ nannte er Zillich. Noch am Abend zuvor bei der Diskussionsveranstaltung habe Zillich die Abschaffung des Verfassungsschutzes verlangt; im Ausschuss verliere der Koalitionspartner des Innensenators darüber nun kein Wort mehr, herrschte Ritzmann ihn an. Der FDP-Politiker hatte sich am Abend zuvor als Gast auf der Veranstaltung des Sozialforums die Freude gemacht, den Beschimpfungen des Publikums zuzuhören.

Die Position der Linkspartei liegt wohl irgendwo dazwischen. Als Konsequenz der Überwachung des Sozialforums hat die PDS nun die Einsetzung einer Vertrauensperson vorgeschlagen. Diese Person soll vom Verfassungsschutzausschuss ernannt werden und vollständigen Einblick in Arbeit und Unterlagen des Verfassungsschutzes erhalten. Mit der Konstituierung des Ausschusses in der nächsten Wahlperiode könnte dieser den Vertrauensmenschen ernennen.

Zillich wird diesen Posten wohl kaum bekommen. Denn im Zuge ihrer umfangreichen Recherchen dürften die Verfassungsschützer längst herausgefunden haben: Zillich galt in den 90er-Jahren selbst als Autonomer. FELIX LEE