Senegal und Spanien gegen Migration

Regierungen in Madrid und Dakar einigen sich auf militärische Maßnahmen gegen die illegale Auswanderung von Westafrika auf die Kanaren. Die Zahl der Migranten steigt. Senegals größtes Auswandererboot heißt „Titanic“ und soll in die USA fahren

von DOMINIC JOHNSON

Nachdem derzeit mehr illegale afrikanische Migranten auf den Kanaren ankommen denn je zuvor, haben sich die Regierungen Spaniens und Senegals auf ein Abkommen zur Bekämpfung der illegalen Emigration geeinigt. Im Zentrum des am Donnerstagabend in Senegals Hauptstadt Dakar verkündeten Maßnahmepakets stehen nach Angaben der senegalesischen Nachrichtenagentur APS gemeinsame Seepatrouillen der beiden Länder sowie die Lieferung von Militärmaterial aus Spanien: ein Hubschrauber, zwei Schnellboote, 20 Geländewagen, 50 Strandmotorräder, dazu Nachtsichtgeräte und mobile Radaranlagen.

„Mit den von Spanien zur Verfügung gestellten Mitteln wird unser Generalstab über eine ausreichend abschreckende Schlagkraft verfügen, um diese Plage zu beenden“, sagte Senegals Innenminister Ousmane Ngom, der das Abkommen gemeinsam mit Spaniens Geheimdienstchef Alberto Saiz Cortes unterzeichnete. „Wir werden die Schleuser, diese Illusionsmakler, unschädlich machen.“ Sicherheitspolitische Maßnahmen seien allerdings „nicht ausreichend“. Spanien werde daher auch Programme in der Armutsbekämpfung finanzieren, vor allem in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei und Handwerk.

In diesem Jahr sind bereits über 18.000 illegale Migranten aus Afrika auf die zu Spanien gehörenden Kanaren gekommen. Seit die EU vor zwei Wochen gemeinsame Seepatrouillen vor Nordwestafrika aufnahm, um Flüchtlingsboote aufzuhalten, hat sich der Zuzug eher noch verstärkt – über 1.600 Menschen kamen allein seit Ende letzter Woche. Nach senegalesischen Schätzungen sind seit Jahresanfang rund 1.800 Flüchtlinge bei der mehrtägigen Überfahrt ums Leben gekommen.

Erst am Montag stimmte Senegals Regierung der Erweiterung der EU-Patrouillen, die bisher auf die Küsten Mauretaniens und der Kanaren beschränkt sind, auf die senegalesischen Gewässer zu. Dass nun in wenigen Tagen bewaffnete Sicherheitskräfte aus Europa in Senegals Hauptstadt landen werden, um bei der Jagd auf illegale Auswanderer zu helfen, ist in der senegalesischen Öffentlichkeit nicht gerade beliebt. Im Juni hatte Senegal seine Zusammenarbeit mit Spanien bei der Aufnahme abgeschobener Migranten eingestellt, nachdem Rücknahmekandidaten bei der Ankunft in Dakar berichteten, sie seien über ihre Abschiebung getäuscht worden.

Die Regierung von Präsident Abdoulaye Wade, die sich nächstes Jahr der Wiederwahl stellen muss, macht nach Kräften ihre sozialistische Vorgängerregierung für die Wirtschaftsmisere verantwortlich, die viele Jugendliche in die Emigration treibt. Zugleich werden illegale Einwanderer aus den Nachbarländern Gambia und Guinea-Bissau, die über Senegal den Weg nach Europa suchen, regelmäßig festgenommen und zu Haftstrafen verurteilt, ebenso senegalesische Bürger. Erst am Donnerstag wurde erneut ein Boot mit 25 Menschen von der senegalesischen Küstenwache aufgegriffen, die Passagiere wurden inhaftiert.

Die Migranten geben jedoch nicht auf, und das Geschäft mit der Emigration ist lukrativ. Nach Zeitungsberichten hat ein libanesischer Geschäftsmann in der Hafenstadt Rufisque das bisher größte Fischerboot zur Ausreise gebaut – 24 Meter lang und vier Meter breit. Sinnigerweise „Titanic“ getauft, war das Boot dazu gedacht, über den Atlantik in die USA zu segeln, so die Zeitung Wal Fadjri. Die US-Botschaft in Dakar habe eine Delegation nach Rufisque geschickt, um das Boot zu besichtigen. Doch als die Delegation am Dienstag eintraf, war die „Titanic“ weg – für umgerechnet 12.000 Euro verkauft und möglicherweise schon unterwegs.