Der „Tiger von Belutschistan“ ist tot

Nach dem Tod des legendären Nationalisten Nawab Akbar Bugti in der pakistanischen Provinz Belutschistan verhängt die Armee eine Ausgangssperre über die Hauptstadt Quetta. Bugti galt als Symbol des Widerstandes gegen Pakistans Militär

AUS ISLAMABAD NILS ROSEMANN

Bei schweren Kämpfen der pakistanischen Armee mit Rebellen der südwestlichen Provinz Belutschistan sind in der Nacht zum Samstag mindestens 60 Menschen ums Leben gekommen, darunter mehr als 20 Regierungssoldaten. Zu den Toten auf Seiten der Aufständischen zählt auch der legendäre, 79 Jahre alte Rebellen- und Stammesführers Nawab Akbar Bugti. Die Nachricht von Bugtis Tod führte am Sonntag in der Provinzhauptstadt Quetta zu Demonstrationen und Straßenschlachten. Nachdem Studierende der Belutschistan-Universität Regierungsgebäude attackierten und Demonstranten den Busbahnhof in Brand steckten, verhängte die Armee eine Ausgangssperre. Soldaten patrouillierten in den Straßen, die Geschäfte blieben geschlossen. Im südlich gelegenen Khuzdar demolierten Demonstranten Banken, Busse und Krankenwagen. Nicht nur in Belutschistan, sondern auch in Lahore, Islamabad und Karatschi gilt erhöhte Alarmbereitschaft.

Nawab Akbar Khan Bugti war die zentrale Figur im Kampf um größere Autonomie für die Provinz Belutschistan. Für viele Landsleute galt Nawab (Prinz) Bugti als der Tiger von Belutschistan, der sein Leben lang gegen das pakistanische Militär kämpfte, das die Provinz 1949 zum Beitritt an Pakistan zwang. Bugti studierte Politikwissenschaften in Oxford und begann nach seiner Rückkehr seine politische Karriere. Mit dem Putsch von General Ayub Kahn im Jahre 1958 verlor Bugti seinen Posten als Staatsminister für Verteidigung. Als das Militärregime 1970 durch Zulfikar Ali Bhutto beendet wurde, kehrte er in die Politik zurück und wurde zum Gouverneur der Provinz Belutschistan ernannt. Nach Unstimmigkeiten mit der Zentralregierung trat er 1974 wieder zurück. Nur drei Jahre später, nach dem Militärputsch von General Zia ul Haq, ging Bugti in den Untergrund.

1989, nach der Rückkehr Pakistans zur Demokratie, wurde er Chefminister der Provinz Belutschistan. Auseinandersetzungen mit Pakistans Regierungschefin Benazir Bhutto führten zur Auflösung der Provinzversammlung und zu Bugtis Rücktritt. Bei den Wahlen von 1990 gründete Nawab Bugti seine eigene Partei, die Jamhoori Watan Party, die zu Belutschistans größter Partei wurde und die er in der Nationalversammlung in Islamabad vertrat. In den turbulenten 1990ern galten die Parteien aus Belutschistan als Mehrheitsbeschaffer in den Regierungen von Nawaz Sharif und Benazir Bhutto.

Als sich General Musharraf 1999 an die Macht putschte und die Provinz- und Zentralregierungen sowie die Parlamente auflöste, beendete er auch die politische Teilhabe der belutschischen Nationalisten. Massive Manipulationen der Provinzwahlen im Jahre 2002 brachten in Beluschistan eine Regierung aus islamistischen Parteien und die Musharraf unterstützende Fraktion der Pakistanischen Muslimliga in Quetta an die Macht. Bugti organisierte erneut militärischen Widerstand und griff mit seiner Befreiungsarmee Verbindungsstraßen, Gasförderanlagen und Armeeposten an. Die Zentralregierung antwortete mit Hausarresten, Kidnapping von Clanmitgliedern und seit Dezember 2004 mit einem militärischen Feldzug, an dem über 50.000 Soldaten beteiligt sind.

„Sie unterhalten sich mit uns durch Kanonen, Düsenjäger und Bomben. Das ist ein derart großartiger Dialog, dass wir sehr laut diskutieren müssen“, sagte Bugti gegenüber der britischen BBC im Juni dieses Jahres. Am Samstag ist er in einem Höhlenkomplex in der Nähe seines Stammsitzes Dera Bugti im Kampf umgekommen. Nawab Bugti wird nicht als politisches, sondern als Symbol des militärischen Kampfes um ein autonomes Belutschistan weiterleben.