SPD und CDU scheuen das Licht

Transparency International hat die Parteien zur Korruptionsbekämpfung befragt. Grüne und PDS wollen mehr Aufklärung, die ehemalige große Koalition gibt sich zufrieden mit dem Erreichten

VON JONAS MOOSMÜLLER

Auch fünf Jahre nach dem Bankenskandal und dem dazugehörigen Parteienfilz engagieren sich SPD und CDU immer noch zu wenig für politische Transparenz und Korruptionsbekämpfung in Berlin. Zu diesem Schluss kam gestern Jochen Bäumel, Vorstandsmitglied von Transparency International Deutschland. Die Nichtregierungsorganisation, die weltweit gegen Korruption eintritt, hatte Berliner Parteien nach deren Ansichten zu Transparenz und öffentlicher Kontrolle von Politik und Verwaltung befragt. Nur die Grünen und mit Abstrichen auch die PDS seien dabei auf einer Linie mit den Forderungen der Organisation gewesen.

„Parteienfilz, Intransparenz und Mauscheleien scheinen zur Grundausstattung der politischen Kultur gehört zu haben“, stellte Bäumel mit Blick auf die Bankenaffäre und Tempodrom-Skandal fest. Mit den von Transparency erstellten „Wahlprüfsteinen“ könnten die BürgerInnen feststellen, welche Positionen die Parteien heute bezüglich Korruption und Kontrolle vertreten.

Ein „Wahlprüfstein“ betrifft die Karenzzeiten. Transparency vertritt den Standpunkt, Politiker und Beamte sollten erst drei Jahre nach Ablauf ihrer Amtszeit eine Anstellung in Unternehmen annehmen.

Grüne, FDP und PDS sprachen sich für diese Regelung aus. Bei CDU und SPD sei dagegen kaum Problembewusstsein vorhanden, bedauerte Bäumel. Landeseigenen Unternehmen könne man das Fachwissen politisch Tätiger doch nicht vorenthalten, argumentiert die SPD. Die CDU schließt Karenzzeiten grundsätzlich aus. Hier zeige sich, dass die Möglichkeit zu Ämterpatronage von den „Altparteien“ nicht gerne aus der Hand gegeben werde, sagte Bäumel.

Transparency kritisierte weiter, dass in Berlin 81 Prozent aller Bauaufträge entgegen der Rechtslage nicht öffentlich ausgeschrieben werden. Nur die kleinen Parteien sowie PDS und Grüne fordern hier harte Sanktionen. Die CDU will zwar ein Verfahren, mit dem die Vergabe von Bauaufträgen „lückenlos nachgewiesen werden kann“. Wie dies in der Praxis umgesetzt werden soll, erklärten die Christdemokraten allerdings in dem Antwortschreiben an Transparency nicht. Die SPD macht die Überregulierung des Vergabewesens für den Missstand verantwortlich. Bei Transparency sei man über diese Antwort „sehr überrascht“. Es sei „eigenartig“, dass eine Regierungspartei Mitarbeiter schütze, die öffentliche Ausschreibungen umgingen.

Im Vergleich zu anderen Bundesländern könne Berlin aber auch Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung vorweisen. Bäumler lobte das neue Korruptionsregister, das überführte Unternehmen auflistet, und das novellierte Abgeordnetengesetz mit Verhaltensregeln für die Politiker. Auch der Integritätspakt zum Bau des Flughafens Berlin Brandenburg, bei dem sich Auftraggeber und Mitarbeiter zur Unbestechlichkeit und Gleichbehandlung aller beteiligten Firmen verpflichten, sei sehr zu begrüßen.

Transparency thematisierte außerdem den Schutz anonymer Hinweisgeber und die Kontrolle öffentlicher Unternehmen. Die von den jeweiligen Landesvorsitzenden abgezeichneten Antworten sind unter www.transparency de nachzulesen. Von 28 angeschriebenen Parteien, die sich in Berlin zur Wahl stellen, hatten 10 geantwortet – unter ihnen alle im Abgeordnetenhaus vertretenen, nicht aber die WASG.