Wiener Polizisten gestehen Prügel

Bewährungsstrafen für die Misshandlung eines Afrikaners nach versuchter Abschiebung

WIEN taz ■ Polizisten, die Gefangene prügeln, gibt es nicht. Das wird zumindest jedes Mal behauptet, wenn Häftlinge mit schweren Verletzungen die Uniformierten der Gewaltanwendung bezichtigen. So war es auch im Fall des Afrikaners Bakary J., der sich im vergangenen April der Abschiebung widersetzte. Knochen- und Rippenbrüche, ein bis zur Unkenntlichkeit entstelltes Gesicht seien die Folgen eines Fluchtversuchs gewesen, sagten die vier beteiligten Polizisten damals aus.

Am vergangenen Mittwoch im Wiener Landesgericht war plötzlich alles anders. „Ich bedauere, dass uns die Amtshandlung entglitten ist“, gab sich der Leiter des Abschiebekommandos geständig. Alle vier Mitglieder des Teams bekannten sich schuldig, den Gefangenen gequält zu haben.

Bakary J. ist ein 33-jähriger Gambier, der seit zehn Jahren in Österreich lebt und mit einer Wienerin verheiratet ist. In Abschiebehaft kam er nach Absitzen einer Freiheitsstrafe wegen Drogenbesitzes. Nach dem neuen Fremdenrecht können straffällig gewordene Ausländer abgeschoben werden, auch wenn sie legal im Lande leben.

Damit wollte sich das Ehepaar aber nicht abfinden. Bakary J., der in den frühen Morgenstunden von zu Hause abgeholt worden war, weigerte sich, das Flugzeug zu besteigen. Der Pilot spielte mit und blieb am Boden, bis das Abschiebeteam wieder abzog. Auf der Rückfahrt nach Wien machten die Polizisten einen Zwischenstopp in einer Lagerhalle, wie man sie aus Szenen für den Showdown von US-Gangsterfilmen kennt: kahle, mit Grafitti besprühte Betonwände, verdreckter Boden, Zwielicht. Der Afrikaner sagte aus, er sei nicht nur an eine Säule gefesselt und geschlagen, sondern auch mit dem Tode bedroht worden. Dann wurde er im Krankenhaus abgeliefert. „Widerstand gegen die Staatsgewalt“, erklärten die Polizisten dem Arzt.

Die überwältigenden Beweise hätten den Umschwung in der Verteidigungsstrategie herbeigeführt, meinte der Staatsanwalt nach dem ersten Verhandlungstag. Anwalt Werner Tomanek, der noch die „massiven Widersprüche“ in den Aussagen des Opfers aufzeigen wollte, plädierte auf Milde. Auf die Frage des Richters, sie hätten wohl ihren Frust abreagieren wollen, gab einer der Beschuldigten zu: „Uns sind die Nerven durchgegangen.“

Die Einsicht machte sich bezahlt: Drei der Polizisten kamen gestern mit Bewährungsstrafen von acht Monaten davon. Der vierte, der Schmiere gestanden hatte, um etwaige Zeugen fernzuhalten, bekam nur sechs Monate auf Bewährung.

Innenministerin Liese Prokop, ÖVP, erklärte, dass die Menschenrechtsschulung bei der Polizei fest verankert sei. Seit der Abschiebehäftling Marcus Omofuma 1999 im Flugzeug an seinem Knebel erstickte, bemüht man sich, offenen Rassismus zu vermeiden. Mit mäßigem Erfolg. Schwarzafrikaner werden immer noch erniedrigend behandelt und weit häufiger kontrolliert als andere Personen. Der Mauretanier Cheibane Wague kam bei seiner Festnahme vor drei Jahren zu Tode, als sich Polizisten auf den am Boden liegenden Mann stellten.

RALF LEONHARD