Mailspione bei Brandenburg-CDU

In CDU-Geschäftsstelle Potsdam wurden offenbar E-Mails an Minister vorkontrolliert. Der Generalsekretär, ein Exverfassungsschützer, nennt das ein transparentes System

BERLIN taz ■ Wenn Daniel Schoenland heute vor Presse und Staatsanwaltschaft tritt, dann beginnt für die CDU in Brandenburg wohl ein Scherbengericht. Der 23-jährige Internetunternehmer und CDU-Mann beschuldigt die administrative CDU-Spitze praktisch der Spionage. „Wir sprechen von einem systematischen ‚Abhören‘, ohne dass die Empfänger etwas davon wussten“, beschrieb Schoenland das System der Postbeobachtung des Landesvorstands der märkischen CDU. Dabei wurde offenbar die elektronische Post, die über die Parteiadressen kam, in der Geschäftsstelle der CDU eingesehen. Dazu gehören E-Mails, die persönlich an MinisterInnen der CDU adressiert und gerichtet waren, darunter Innenminister Jörg Schönbohm und Wissenschaftsministerin Johanna Wanka.

Installiert hat dieses System nach Angaben Schoenlands der Generalsekretär der CDU, Sven Petke. Die Beobachtung des parteiinternen E-Mailverkehrs soll Petkes Landesgeschäftsführer Rico Nelte übernommen haben. Eine Sondersitzung des geschäftsführenden CDU-Landesvorstands überstand Petke mit einem blauen Auge. Zwar wurde seine Suspendierung abgelehnt. Allerdings hat CDU-Landeschef Schönbohm eine unabhängige Überprüfung des Vorfalls angeordnet. Die wird für die CDU Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns übernehmen – zugleich ermittelt die Staatsanwaltschaft Cottbus wegen „Ausspähung von Daten“.

Generalsekretär Petke, ein Law-and-Order-Mann und strammer Rechtsaußen, hat die Vorwürfe mit folgenden Worten kommentiert: „Die E-Mails von Schönbohm, Wanka und anderen wurden nach einem transparenten und bekannten System von Mitarbeitern der Landesgeschäftsstelle abgearbeitet.“ Was Petke unter abarbeiten versteht, wird möglicherweise klarer, wenn man seinen früheren Job ansieht: Petke arbeitete lange für den Brandenburger Verfassungsschutz.

Wegen der Affäre ist in der CDU eine regelrechte Schlacht ausgebrochen. Wissenschaftsninisterin Johanna Wanka (CDU) etwa wagte sich, öffentlich darauf zu bestehen, nur sie selbst dürfe ihre E-Mails lesen. Daraufhin warf ihr der Europaabgeordnete Christian Ehler parteischädigendes Verhalten vor. Wanka, sagte Ehler, erwecke den Eindruck, als handele es sich um eine große Abhöraffäre. Davon könne nicht die Rede sein. Wanka will sich nicht bevormunden lassen. „Der Generalsekretär und Herr Ehler tun so, als sei das Mitlesen von E-Mails eine normale Sache – das ist es aber nicht!“, sagte sie der taz.

Auch der Chef der Jungen Union Sebastian Schütze hatte gewagt, die Mailüberwachung zu kritisieren. Daraufhin nannte ihn Jens Koeppen öffentlich ein „Kameradenschwein“. Koeppen ist CDU-Bundestagsabgeordneter. Aber auch Schütze will sich nicht einschüchtern lassen. Er forderte, dass Generalsekretär Petke und sein Geschäftsführer sofort suspendiert werden müssten. „Sonst können sich die Beschuldigten an den Computer setzen und die Daten verändern“, sagte er der taz.

Inzwischen fordern mehrere Kreischefs der CDU Aufklärung. „Das sind keine Kavaliersdelikte“, sagte etwa Wieland Niekisch von der CDU Postdam, „sondern Verletzungen des Briefgeheimnisses.“ CHRISTIAN FÜLLER