Schweden macht gegen Ostseepipeline mobil

Schwedisches Militär hält geplante Ostseepipeline für ein sicherheitspolitisches Risiko – und will den Bau verhindern

STOCKHOLM taz ■ Die Gaspipeline durch die Ostsee nimmt langsam konkretere Formen an. Gestern schaute sich Gerhard Schröder, Exbundeskanzler und jetzt Aufsichtsratsvorsitzender des Pipeline-Konsortiums NEPG, schon mal in Lubmin, der möglichen deutschen Anlandestelle, um. Schröder sollte auch eine Reise nach Stockholm einplanen: Die schwedische Regierung könnte dem Projekt unerwartete Steine in den Weg legen.

Die Schweden haben kein Interesse an russischem Erdgas. Bislang fürchteten sie vor allem ökologische Schäden durch die Pipeline auf dem Boden der Ostsee. Nun wirft eine Studie des staatlichen Militärforschungsinstituts FOI zudem sicherheitspolitische Fragen auf: Sie soll einem Terrorangriff nicht gewachsen sein.

Die Militärs stellen sich ein Krisenszenario vor, nach dem die nationale Sicherheit gefährdet sein könnte. Ihr Beispiel: Um die 1.200 Kilometer lange Pipeline gegen Bedrohungen zu schützen, könnte Moskau fordern, eigene Sicherheitskräfte patrouillieren zu lassen. „Wird Schweden mit einem Ja zur Pipeline also irgendwann auch eine permanente russische Schutztruppe auf einer Plattform einige Seemeilen vor der Insel Gotland in Kauf nehmen müssen“, fragen die Autoren der Studie. Und sie fügen hinzu: Nur „welche Möglichkeiten hat ein Land, um sich zur Wehr zu setzen?“

Dann wird mit historischen Beispielen belegt, wie schnell sich nicht nur Stockholm in der Vergangenheit russischem Druck fügte: „Die Barrieren gegen schlechtes Benehmen Moskaus sind niedriger, als man erwarten könnte“, heißt es in dem Bericht.

Aus Sicht der Autoren kommt noch erschwerend hinzu, dass das „Pipelineprojekt von der EU unterstützt wird“. Einzelne Länder könnten deshalb unter doppelten Druck kommen – und nähmen deshalb Einschränkungen ihrer Souveränität hin.

Da für Unterwasserpipelines in internationalen Gewässern ähnliche Bestimmungen wie für die prinzipiell freie Schifffahrt gelten, wird Schweden nun allerdings nicht einfach Nein sagen können.

Doch Stockholm hat einen Hebel, um für die Berücksichtigung seiner Einwände Druck zu machen. Denn: Gas braucht Druck. Und ausgerechnet in der schwedischen Zone und nahe der Insel Gotland ist eine größere Plattform mit einer 70 Meter hohen Kompressorstation geplant. Aus Sicht der Militärs ist sie ein perfektes Terrorziel.

Die Genehmigung für eine Kompressorstation in seiner Wirtschaftszone könnte Stockholm jetzt durchaus verweigern. Damit könnte Schweden tatsächlich die Pläne für den Bau der Ostseepipeline durchkreuzen und das gesamte Projekt in Schwierigkeiten bringen.

REINHARD WOLFF