Seyran Ateș und der TBB
: Wütende Annäherung

Seyran Ateș haut gerne auf den Putz. Die türkischstämmige Anwältin, die sich weit über Berlin hinaus einen Namen als Kämpferin für Frauenrechte und gegen häusliche Gewalt gemacht hat, neigt zu drastischen Formulierungen. Das ist ihr nachzusehen, denn sie hat damit einem Thema zu Aufsehen verholfen, das viel zu lange vernachlässigt wurde: der Unterdrückung, der nicht wenige Migrantinnen in ihren Familien ausgesetzt sind.

Kommentarvon Alke Wierth

Mit ihrem Einsatz hat sich Seyran Ateș auch viele Feinde gemacht: Als „Nestbeschmutzerin“, die mit Verallgemeinerungen das Bild türkischer und/oder muslimischer Männer als gewalttätige Paschas zementiere, gilt sie Teilen der türkischstämmigen Community. Auch der Türkische Bund Berlin (TBB) hat ihr unterstellt, bisweilen zu übertreiben.

Doch auch der TBB selbst, der Ateș’ Vorwürfe, er habe mit Äußerungen solchen Inhalts die Hetze gegen sie geschürt, erzürnt zurückweist, hat sich in dieser Debatte nicht mit Ruhm bekleckert. Zwar hat er sich des Themas Frauenrechte angenommen – aber erst, nachdem dies nicht zuletzt durch Ateș’ Engagement unumgänglich geworden war.

Ihr vorzuwerfen, sie habe durch Pauschalisierungen die gesamte türkische Community stigmatisiert, ist ein Einwand, dessen Niveau der Debatte nicht mehr gerecht wird. Ihr nun Zusammenarbeit anzubieten, ist dennoch ein bedenkenswerter Vorschlag. Denn dem TBB muss klar sein, dass er sich eine andere Toleranzgrenze in der verbalen Auseinandersetzung zulegen muss. Wenn er dafür wirklich offen ist, ist das ein Fortschritt.