Akademie für die Revolution

Vor 40 Jahren wurde die erste deutsche Filmhochschule, die „dffb“, in Berlin als Antwort auf „Opas Kino“ gegründet. Große Filmemacher gingen aus ihr hervor. Der politische Anspruch ist geblieben

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Lange Zeit soll in einem Seminarraum der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) ein einfacher, aber wunderbarer Spruch des Filmregisseurs François Truffaut gehangen haben: „Ein Film muss von der Liebe erzählen.“

Es kann nur das Credo des berühmten Franzosen gewesen sein, das Matl Findel zu seiner Hommage an die Berliner Filmhochschule angeregt hat. Sein „Geburtstagsfilm“ mit dem Titel „Die Akademie bin ich – People I met on my 40th birthday“, den er nun zum 40. Jahrestag der dffb gedreht hat und der in der Festwoche (23. bis 30. September) im Filmhaus am Potsdamer Platz zu sehen ist, lässt 40 ehemalige und aktuelle Studenten zu Wort kommen. Sie erzählen auf komische, traurige, witzige und kunstvolle Weise von ihrer Zeit in der Filmhochschule. Und alle Beiträge haben eines gemeinsam: Sie sind eine Liebeserklärung an die Filmhochschule.

Die dffb war lange Zeit Politik pur. Als Kind der 68er-Bewegung und Reaktion auf „Opas Kino“ gegründet, wurden hier Polit-Streifen erster Güte gedreht. „Die Worte des Vorsitzenden“ hieß 1966 der erste Film von Harun Farocki. Drei Jahre später wurde die Schule besetzt und ein halber Jahrgang relegiert, darunter Max Willutzki, politischer Berliner Dokumentarfilmer. Die 1970er und 1980er brachten die Berliner Dokumentaristen und die Filmemacher sozialer Realität hervor.

Erst mit den 1990er-Jahren zogen andere Genres verstärkt mit in die Schule. In den letzten Jahren entstand an der dffb die „Neue Berliner Schule“, eine Richtung neuerer unabhängiger Dokumentaristen. Man ist also auch heute noch beides: Schule für Filmkunst und filmischen Realismus.

Gestern, zur Vorstellung des Festprogramms „40 Jahre Deutsche Film- und Fernsehakademie“, die am 17. September 1966 für 35 FilmschülerInnen ihre Tore am Ernst-Reuter-Platz öffnete, konnte die Filmgeschichte nach 1945 leibhaftig bestaunt werden. Nicht nur Findels Film wurde in Ausschnitten gezeigt und damit Erinnerungsarbeit vorgeführt. Auch Studenten der „ersten Filmklasse“ saßen auf dem Podium und im Publikum.

Hartmut Bitomsky, ein Dokumentarfilmer („VW-Komplex“, 1984, „Reichsautobahn“, 1985) und heute Direktor der Schule, ließ darum in seiner Rede auch nichts anbrennen. Die erste deutsche Filmhochschule – die Münchner HFF folgte Jahre später – habe die Entwicklung des deutschen Films „massiv“ beeinflusst und tue dies „bis heute“. Generationen berühmter Filmemacher hätten hier studiert, darunter der Kameramann Michael Ballhaus, („Die Ehe der Maria Braun“), Uwe Schrader („Kanakerbraut“) und Detlev Buck („Wir können auch anders“). Die prämierten Filme von Absolventen seinen ein „Schatz“ deutscher Filmkunst.

Bis heute sei die dffb „ein Ort moderner Ausbildung für Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Cutter und Drehbuchautoren“, aber auch der Raum „für kreative gesellschaftliche Auseinandersetzungen“, sagte Bitomsky. Ihren Traditionen sei die dffb weiter verpflichtet. Nach wie vor, auch 40 Jahre nach ihrer Gründung, sei sie eine Filmschule mit politischem Anspruch.