Antiterrorkampf schadet Entwicklungshilfe

Entwicklungsorganisationen beklagen Abwertung der Nord-Süd-Kooperation seit den Anschlägen des 11. September

BERLIN taz ■ Die Deutsche Welthungerhilfe befürchtet die Umwertung der Dritte-Welt-Politik durch den weltweiten „Kampf gegen den Terror“. „Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe werden zunehmend unter ein militärisch dominiertes Sicherheitskonzept gestellt“, sagte Hungerhilfe-Generalsekretär Hans-Joachim Preuß gestern. Zusammen mit medico international und Terre des hommes kritisierte er die Instrumentalisierung von Entwicklungspolitik als Mittel im Antiterrorkampf. Die Förderung von Entwicklung in „vergessenen Krisen“ wie denen in Haiti oder Burundi würde dadurch ausgeschlossen.

Als Beispiel führte Preuß an, dass Hilfsgelder neuerdings bevorzugt in Konfliktregionen flössen. So sei der Deutschen Welthungerhilfe ein Engagement im Irak mit dem Hinweis nahegelegt worden, dass es „an Geld nicht fehlen solle“. Seit den militärischen Einsätzen in Afghanistan und Kongo seien die Etats für Entwicklungsprojekte auch in diesen Ländern „auf kaum nachvollziehbare Weise“ angestiegen. Entwicklungsorganisationen sähen sich inzwischen häufig in der Situation, nur noch die „Aufräumarbeiten“ nach militärischen Interventionen übernehmen zu können.

Die Organisationen sprachen sich außerdem entschieden gegen die sogenannte „zivil-militärische Zusammenarbeit“ aus. Im Rahmen dieser „integrierten Ansätze“ geht es einerseits um den militärischen Schutz von Entwicklungshelfern, andererseits um die Übernahme ehemals entwicklungspolitischer Aufgaben durch das Militär. In vielen Krisengebieten könne die Bevölkerung dadurch auch humanitäre Helfer als Feinde auffassen, sagte der Hungerhilfe-Generalsekretär. Allein in Afghanistan seien bereits 30 Entwicklungshelfer umgebracht worden.

Auch Peter Mucke aus dem Vorstand von Terre des hommes forderte eine „klare Aufgabenteilung und Rollentrennung von Militär und Hilfsorganisationen in Konfliktsituationen“. Die Sicherheit der Entwicklungshelfer in prekären Konflikten könne seine Organisation auch ohne militärischen Beistand gewährleisten, behauptete Mucke: „Unser größter Schutz sind die lokal verankerten Partnerorganisationen“. RUTH STREICHER