Reform im Koma

Ärzte, Kassen, Opposition und SPD – an der vertagten Reform des Gesundheitswesens doktern nun alle herum

BERLIN dpa/ap ■ Nach der Verschiebung der Gesundheitsreform verstärken selbst SPD-Politiker den Druck, die Pläne grundlegend zu ändern. Der linke SPD-Abgeordnete Niels Annen meldete Zweifel daran an, dass der geplante Fonds, der im Jahr 2008 eingeführt werden soll, „überhaupt gebraucht“ werde. SPD-Gesundheitspapst Karl Lauterbach sagte dem Tagesspiegel: „Die SPD hätte den Fonds nur dann akzeptieren dürfen, wenn Privatversicherte auch hätten einzahlen müssen.“ So denkt auch die SPD-Linke Andrea Nahles.

„Diese Notbremse ist das Eingeständnis des eigenen Scheiterns“, hielt FDP-Chef Guido Westerwelle Union und SPD vor. „Jetzt ist das Desaster komplett“, sagte Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast. „Die schwarz-rote Gesundheits-OP ist unheilbar vermurkst.“

Die Kaufmännische Krankenkasse lehnte die Pläne strikt ab und warnte vor einem zentralisierten, staatsnahen Gesundheitswesen. Der KKH-Verwaltungsrat appellierte an die Bundesregierung, die Reform „grundlegend zu überdenken und neu auszurichten“ und das Vorhaben eines Gesundheitsfonds aufzugeben.

„Der Gesundheitsfonds gehört in den Papierkorb“, forderte auch der Präsident des Sozialverbands VdK, Walter Hirrlinger. „Wir brauchen keine neue Geldsammelstelle.“ Einen Zusatzbeitrag der Versicherten lehnte er strikt ab. Die Patienten müssten dann auf eigene Rechnung die steigenden Gesundheitskosten tragen. Vorgesehen ist, dass die Kassen einen Zusatzbeitrag erheben können, wenn sie mit dem ihnen zugewiesenen Geld aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen.

Dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) die bisher bekannten Pläne einhellig ablehnt, ist nicht verwunderlich. „Die Folge eines solchen Gesetzes wäre, dass die flächendeckende ambulante Versorgung in Deutschland für die Patienten am Ende wäre“, verlautbarten die KBV-Vorstände Andreas Köhler und Ulrich Weigeldt. Die Ärzte wollen mit Praxisschließungen dagegen protestieren.