Fremder Offizier an Bord

Die Bundesregierung sieht die Marine mit „robustem Mandat“ ausgestattet. Doch der Libanon will beim Einsatz mitreden

Wie Libanons Regierung dieses „Mitspracherecht“ für ihre Streitkräfte versteht, bleibt abzuwarten

VON ANDREAS ZUMACH

Zumindest laut Bundesregierung haben Deutschland und Libanon einen tragfähigen Konsens erzielt über den Einsatz der Bundesmarine vor der libanesischen Küste im Rahmen der UNO-Truppe Unifil. Festgehalten ist dieser Konsens über das Operationskonzept und die Einsatzregeln in einem Schreiben der libanesischen Regierung an die UNO in New York, das am Montag im Berliner Kanzleramt eintraf.

Nach Angaben aus Koalitionskreisen sieht das Operationskonzept für die Mission vor, dass die Bundesmarine doch die gesamte libanesische Küste auf verbotene Waffenlieferungen hin kontrollieren darf und nicht nur außerhalb einer Sperrzone von sechs oder sieben Seemeilen. Darauf hatte die Regierung in Beirut zunächst bestanden – unter Verweis auf ihre Souveränität über die libanesischen Hoheitsgewässer.

Das Mandat für die Bundesmarine werde „robust“ sein, hieß es gestern in Berlin. Den deutschen Marinesoldaten sei es erlaubt, verdächtige Schiffe zu stoppen, an Bord zu gehen und die Schiffe nach Waffen zu durchsuchen. Auf die Frage, ob die Regierung in Beirut mit dieser Darstellung der Bundesregierung übereinstimmt, wollte die libanesische Botschaft in Berlin gestern zunächst keine Stellungnahme abgeben. Die libanesischen Streitkräfte sollen laut Koalitionskreise lediglich ein gewisses „Mitspracherecht“ erhalten beim Betreten und der Durchsuchung von Schiffen, die von deutschen oder anderen Marineverbänden der Unifil gestoppt werden. Dieses „Mitspracherecht“ aber bedeute „kein Vetorecht“, wurde in Berlin betont. Wie die libanesische Regierung dieses „Mitspracherecht“ für ihre Streitkräfte versteht, bleibt abzuwarten. Zur praktischen Wahrnehmung des „Mitspracherechts“ soll zumindest auf dem Führungsschiff des deutschen Marineverbandes ein libanesischer Offizier mitfahren.

Ursprünglich hatte Beirut darauf bestanden, dass die deutsche Bundesmarine sowie die an der Unifil beteiligten Marineverbände anderer Staaten ausschließlich auf Anforderung und in Unterstützung der libanesischen Streitkräfte gegen fremde Schiffe vorgehen können. Eine entsprechende Einsatzregel war für die Bodentruppen der Unifil vereinbart worden. Die Bundesregierung lehnte eine derartige „Einschränkung“ für die Bundesmarine jedoch ab.

Sollten tatsächlich libanesische Offiziere an Bord deutscher Schiffe genommen werden, könnte sich die Fernmeldeverbindung mit dem libanesischen Oberkommando laut der FAZ als Sicherheitsproblem erweisen: Die von der Bundesmarine verwendete Nato-Standardausrüstung gebe es im Libanon nicht und damit auch keine kompatiblen Fernmeldegeräte, meldete das Blatt in seiner gestrigen Ausgabe. Offene Funksprüche und Ferngespräche libanesischer Offiziere an Bord könnten den Zweck der Einsätze gefährden, weil sie abgehört oder an die Hisbollah weitergeleitet werden könnten. Es ist aber gut möglich, dass es zu derartigen Szenarien überhaupt nicht kommt, weil niemand versuchen wird, Waffen über den Seeweg in den Libanon zu schmuggeln.

Bereits in der Vergangenheit kamen über 90 Prozent aller Waffen für die Hisbollah über die syrisch-libanesische Landgrenze sowie ein kleiner Teil direkt mit dem Flugzeug aus Damaskus nach Beirut. Israels Marine hat während ihrer Anfang dieser Woche beendeten Seeblockade der libanesischen Küste kein einziges Schiff mit Waffen entdeckt.