Wowereits Sieg

BERLIN/SCHWERIN dpa/ap ■ Ein klarer Wahlsieg für Klaus Wowereit und die SPD in Berlin, aber ein äußerst knapper Vorsprung der SPD in Mecklenburg-Vorpommern: Nach den Landtagswahlen vom Sonntag bleibt die Regierungsbildung in beiden Ländern zunächst offen. In der Hauptstadt kann die SPD zwischen Rot-Rot und Rot-Grün wählen. Im Norden erlitt sie dagegen schwere Verluste, bleibt aber wohl knapp vor der CDU stärkste Partei. Die rechtsextremistische NPD zog mit etwa 7 Prozent erstmals in den Schweriner Landtag ein.

In Mecklenburg-Vorpommern wurde der Wahlausgang am Abend zu einer Zitterpartie für Ministerpräsident Harald Ringstorff und die SPD. Die Sozialdemokraten erlitten in dem neuen Bundesland erdrutschartige Verluste in Höhe von rund 10 Prozent und landete bei etwa 30 Prozent.

Die CDU hatte dagegen nur leichte Einbußen und lag gegen 21 Uhr bei knapp 29 Prozent. Die bisher in der rot-roten Koalition mitregierende Linkspartei verbesserte sich leicht von 16,4 auf etwa 17 Prozent. Damit konnte sie die Verluste der SPD nicht wettmachen, doch könnte es für eine Mehrheit von Rot-Rot von einem Sitz reichen.

Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck vertrat die Ansicht, dass die SPD sowohl in Berlin als auch Mecklenburg-Vorpommern weiterregieren könne. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla forderte dagegen die Bildung einer großen Koalition im Schweriner Landtag.

In den kehrt nach achtjähriger Abwesenheit auch die FDP mit einem satten Zuwachs auf fast 10 Prozent zurück. Die NPD schaffte mit etwa 7 Prozent bei extrem niedriger Wahlbeteiligung ebenfalls den Sprung in den Landtag. Nach dem NPD-Erfolg in Sachsen 2004 sind die Rechtsextremen nun in zwei Landesparlamenten vertreten. Die ebenfalls rechtsextreme DVU stellt Abgeordnete in den Parlamenten von Brandenburg und in Bremen.

Ministerpräsident Ringstorff äußerte sich zunächst nicht zur Koalitionsbildung und erklärte das schwache Abschneiden der Sozialdemokraten vor allem mit bundespolitischen Gründen. Bei der letzten Wahl 2002 habe es wegen der Haltung der SPD zum Irakkrieg starken Rückenwind aus Berlin gegeben. Der habe diesmal gefehlt.

In Berlin fuhr der Regierende Bürgermeister Wowereit für die SPD jedoch den erwartet großen Wahlsieg ein. Sie verbesserte sich nach den Hochrechnungen von 29,7 auf etwa 31 Prozent und schlug damit die CDU um Längen. Die mit Verteidigungsstaatssekretär Friedbert Pflüger als Spitzenkandidaten angetretenen Christdemokraten sanken von 23,8 auf etwa 21 Prozent und haben somit mit der Senatsbildung nichts zu tun. Wowereit kann dagegen entweder seine Koalition mit der Linkspartei.PDS fortsetzen oder stattdessen die Grünen in den Senat holen: Beide Parteien wurden am Sonntag mit mehr als 13 Prozent etwa gleich stark. Die FDP erlitt dagegen in der Bundeshauptstadt Verluste von 9,9 auf gute 7 Prozent.

Wowereit zeigte sich am Wahlabend erfreut, dass die SPD die Möglichkeit der Wahl zwischen Rot-Rot und Rot-Grün hat. Ob er sich wieder für die Linkspartei.PDS oder für die Grünen als Partner im Senat entscheiden wird, ließ der Wahlsieger offen. „Wir werden es daran messen, mit wem wir so viel Sozialdemokratie wie möglich durchsetzen können“, sagte er. Allerdings sei klar: „Ohne die SPD kommt keine Regierung zustande, und das ist auch gut so.“

Die „Partei der Nichtwähler“ hat bei den Landtagswahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern deutlich zugelegt. In Berlin gingen Hochrechnungen zufolge nur 58 Prozent der Wahlberechtigten an die Urnen. 2001 hatten sich 68,1 Prozent beteiligt. Auch in Mecklenburg-Vorpommern stürzte die Wahlbeteiligung um etwa 10 Prozentpunkte ab: Dort erschienen gut 60 Prozent der Berechtigten im Wahllokal.

Auf der bundespolitischen Ebene legte jede Partei die Ergebnisse zu ihren Gunsten aus: Die Generalsekretäre Ronald Pofalla (CDU) und Hubertus Heil (SPD) nahmen am Sonntagabend das Wahlergebnis in Schwerin zum Anlass, der jeweils anderen Partei ein schlechtes Abschneiden zu attestieren. Pofalla sagte am Abend, der SPD sei es nicht gelungen, den Abwärtstrend in Mecklenburg-Vorpommern zu stoppen. Pofalla appellierte an die SPD, in Schwerin mit der CDU eine große Koalition zu bilden, um eine „Koalition der kleinsten Möglichkeiten“ zu verhindern. Heil sagte dagegen, die CDU habe im Heimatland von Bundeskanzlerin Angela Merkel keinen Bonus erhalten: „Das sollte die CDU zum Nachdenken bringen.“

Freude herrschte dagegen bei der FDP und den Grünen: FDP-Chef Guido Westerwelle sieht die Liberalen als bundesweite Kraft etabliert, die Grünen-Chefs Reinhard Bütikofer und Claudia Roth hoffen auf eine Regierungsbeteiligung in Berlin.