Muslim-Blut „anzapfen“

Ex-Klinikchef Lindner hat 60.000 Euro Beratergeld für einen dubiosen Marketing-Berater auszahlen lassen. Deutsche Muslime sollten Blut spenden, das arabischen Ländern angeboten werden sollte

Von Klaus Wolschner

Welche Geschäfte Andreas Lindner, gefeuerter Geschäftsführer der Klinik Bremen-Ost, alles am Laufen hatte, versucht derzeit die Staatsanwaltschaft aufzuklären. Einzelne Geschichten müssen schon jetzt erzählt werden. Zum Beispiel das Projekt „Muslim-Blut“: Im Mai hat Lindner einen „Letter of Intent“ unterschrieben, nach dem seine Klinik sich an einem „Pilotprojekt“ beteiligen will. Operationsgebiet: „Vorwiegend Irak, aber auch andere arabische Länder“. Dort, so heißt es in dem Projektbericht, sei „der Bedarf an muslimischen Blut“ wegen der „Auseinandersetzungen mit der westlichen Welt“ enorm, er würde „geradezu rasant ansteigen“. Es gebe auch in Deutschland „ein ganz beachtliches muslimisches Spenderreservoir“, das „bis dato von keinem Blutspende-Unternehmen gezielt ‚angezapft‘ wurde“.

Lindners Klinik, die Leipziger „Muslim-Blut GmbH i.G.“ des Dr. Abd-Alzahra Jabar und der Marketing-Consulter Frank von der Weide-Thiemig haben in dem Brief verabredet, das Geschäft zu machen. „Beteiligt“ an der Verabredung, heißt es in der Projektskizze, sei auch Peter Heimer vom Präsidium des DRK. Drei Tage nach Unterzeichnung des „Letter of Intent“ verzeichnet die Buchhaltung der Klinik Ost eine Barauszahlung über 9.280 Euro an den Unternehmensberater von der Weide, am 13. Mai werden noch einmal 20.880 Euro überwiesen. Aus der Barkasse hatte von der Weide vorher schon 32.000 Euro bekommen – für ein fünfseitiges Projektpapier. Darin hat von der Weide offenbar alles, was er zu dem Thema finden konnte, zusammengestellt und in den Anhang kopiert.

Von der Weide bestreitet, die Summen alle in bar bekommen zu haben – den Verbleib des Geldes versucht die Staatsanwaltschaft zu klären. Gleichzeitig hat er seinerseits noch Forderungen gegen die Klinik. Und beklagt sich, dass an der guten Idee nicht weitergearbeitet wird. Peter Heimer vom DRK-Vorstand ist derweil „not amused“, als „Beteiligter“ missbraucht zu werden. Richtig sei, er sei durch von der Weide angesprochen und informiert worden, mehr nicht. Überhaupt nichts hält er von der Idee des Exportes. Denn auf dem Feld des Blutspendens gelte das „Selbstversorgungsprinzip“, Blutkonserven würden in der Regel nicht exportiert. In Krisenregionen sei die Bereitschaft zum Blutspenden so hoch, dass der Bedarf meist auch regional gedeckt werden könne. Weltweit würden zudem Blutspenden anonym verwaltet – die Frage nach der Religionszugehörigkeit eines Spenders sei bisher in der Praxis nicht gestellt worden. Wenn es danach eine Nachfrage geben sollte, dann würde das DRK mit seiner eigenen Blutbank sich natürlich darauf einstellen.

Auch der aus Leipzig beteiligte Dr. Jabar verweist darauf, dass das Projekt noch in den Anfängen stecke. Er selbst ist kein Arzt, wie der Titel suggeriert, sondern Kaufmann – und sollte als „Sheikh“ einer Moschee die Verbindungen in den arabischen Raum herstellen, so stellt es die Projektskizze dar. Der Unternehmens-Consulter von der Weide ist weder unter seiner Büro- noch unter seiner Handy-Nummer zu erreichen.

Und wie hat sich das Krankenhaus dieses Projekt gedacht? Das Klinikum Ost „gewährleistet die erforderlichen Ausbildungskapazitäten durch Transfusionsmediziner für das benötigte Fachlaborpersonal“, heißt es in dem „Letter of Intent“. Davon wusste niemand etwas in der Klinik, sagt der Sonderermittler der Senatorin. Lindner habe ohne Rücksprache mit zuständigen Mitarbeitern unterschrieben. Und das Geld auszahlen lassen.