Ende der Illusionen im Kongo

Brand zerstört TV- und Radiosender von Kongos Oppositionschef Bemba. Dessen Anhänger glauben kaum noch an eine faire Stichwahl gegen Staatschef Joseph Kabila

BRÜSSEL taz ■ Wenige Wochen vor der Stichwahl um das Präsidentenamt in der Demokratischen Republik Kongo kehrt sich die politische Konstellation gegen Oppositionsführer Jean-Pierre Bemba. Der Ex-Rebellenführer, der beim ersten Wahlgang am 30. Juli Staatschef Joseph Kabila in die für den 29. Oktober angesetzte Stichwahl zwang, sieht sich dieser Tage in der Defensive.

Am Montag zerstörte ein Großbrand komplett die Studios seiner beiden Fernsehsender „CCTV“ und „Canal Kin“ sowie seines Radiosenders „Radio Liberté“ mitten in Kinshasa; Stéphane O’Léontwa, der Generaldirektor der beiden TV-Stationen, erlitt schwere Verbrennungen. Am Montagabend und am Dienstag versammelten sich aufgebrachte Bemba-Anhänger in den Straßen und bewarfen UN-Fahrzeuge und Feuerwehrautos mit Steinen. Sie waren überzeugt, der Brand sei von der Kabila-Staatsmacht gelegt worden. Bembas private Garde sorgte gemeinsam mit der Polizei für Ordnung. Die Polizei nahm zwei mutmaßliche Brandstifter fest.

Bemba steht nun ohne eigene Medien da, während Kabila auf das Staatsfernsehen RTNC zählen kann. Die Bemba-Sender hatten erst vor einer Woche wieder zu senden begonnen, nach einem 21-tägigen Sendeverbot wegen „Hasspropaganda“. Schon am 20. August, als die Ergebnisse des ersten Wahlgangs verkündet wurden, hatte Kabilas Präsidialgarde den Sendern den Strom abgestellt. Dies hatte mehrtägige schwere Kämpfe provoziert.

Das Feuer dürfte Bembas Anhänger in Kinshasa in der Überzeugung bestärken, es könne jetzt keinen fairen Wahlkampf mehr geben, und sie vom demokratischen Prozess entfremden. Schon seit den Kämpfen vom August betonen Politiker von Bembas Partei MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung), in Kinshasa seien die Bedingungen für einen fairen Wahlkampf nicht gegeben. „Bemba muss von EU-Panzern und UN-Truppen beschützt werden, er wird in seinem eigenen Land behindert; das muss aufhören!“, erregt sich MLC-Generalsekretär François Mwamba. Kabilas Präsidialgarde habe hingegen ihre Stellungen in der Hauptstadt behalten – entgegen den Vereinbarungen mit der UNO im August, als Kabila und Bemba den Rückzug ihrer privaten Garden versprachen.

Bemba hatte beim ersten Wahlgang 20 Prozent der Stimmen erhalten, Kabila 45. Bemba braucht daher mehr Verbündete für die Stichwahl. Doch bisher ist es ihm nicht mal gelungen, die dritt- und viertplatzierten Präsidentschaftskandidaten Antoine Gizenga (13 Prozent) und Nzanga Mobutu (5 Prozent) öffentlich für sich zu gewinnen. Nzanga Mobutu, Sohn des früheren zairischen Diktators, gab jetzt sogar die Unterstützung seiner Partei Udemo (Union demokratischer Mobutisten) für Kabila im Parlament bekannt. Das kam überraschend, denn die Familien Mobutu und Bemba sind befreundet.

Unklar ist noch die Haltung der drittstärksten kongolesischen Partei Palu (Vereinigte Lumumbistische Partei) unter Gizenga, ein alter Mitstreiter von Kongos Unabhängigkeitsheld Patrice Lumumba in den 60er-Jahren. Gizenga, der Kinshasas Nachbarprovinz Bandundu kontrolliert, will seine Unterstützung für einen der Stichwahlkandidaten teuer verkaufen und eventuell den Posten des Premierministers beanspruchen.

MLC-Generalsekretär Mwamba hofft auch auf Unterstützung der Sympathisanten der eigentlich größten Partei des Kongo, der UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt) unter Etienne Tshisekedi, die die Wahlen boykottiert hatte. Zahlreiche UDPS-Anhänger sind Bemba zugeneigt. Mwamba selbst gründete einst die französische Exilsektion der UDPS und kommt aus dem gleichen Dorf wie Tshisekedi. FRANÇOIS MISSER