Das linke Netz in Brandenburg

Das Internetportal Inforiot dokumentiert seit fünf Jahren rechtsextreme Auswüchse im Land Brandenburg. Kritikern gilt die Seite als Imagebeschmutzer. Für die jungen Macher ist sie das Medium für linke Jugendliche

Sie gehören zu den wenigen Aufrechten im Land. Zumindest fühlen sie sich so. „Wir sind schon etwas allein auf weiter Flur und gelten als die notorischen Querulanten vom Dienst“, sagt Svenja Rinks. Zusammen mit sieben Mitstreitern betreibt sie die Internetseite Inforiot.de, eine Plattform für „alternative Kultur und linke Politik“ in Brandenburg. Das kleine Webportal dokumentiert rechte Alltagskultur, Naziaktionen, Rassismus und Demokratiemankos im Land.

Davon gibt es eine Menge, und so entsteht kein schmeichelhaftes Brandenburgbild. Bei vielen, die für ein Mehr an Tourismus in der Region gern die Landschaft gelobt sähen, gilt Inforiot als „Imagebeschmutzer“ oder gar als „Arbeitsplatzvernichter“. Seitenweise geht Leserpost mit solchen Vorwürfen ein. Auch handfeste Drohungen aus der rechten Szene sind zu finden. Ein E-Mail-Schreiber vermutet „weinerliche Alt-68er“ hinter der Truppe. Tatsächlich sind die Hobbyredakteure maximal 27 Jahre alt.

Gegründet wurde Inforiot 2001 von einer kleinen Antifagruppe aus Neuruppin. Seither wurde die Seite zweieinhalb Millionen Mal aufgerufen. Tendenz steigend, zurzeit 3.000-mal pro Tag. Rund 8.000 Meldungen sind einzusehen. Das Gros macht ein Pressespiegel aus, der Rest besteht vornehmlich aus eigenen Artikeln sowie Einschätzungen von Antifagruppen und antirassistischen Initiativen.

„Die Resonanz ist recht groß“, freut sich Rinks. „Auch wenn ein gewisser Teil unserer Leser uns überhaupt nicht leiden kann.“ Inforiot soll möglichst viele Aspekte des Rechtsextremismus beleuchten. „Das empfinden manche als eine Art Publikumsbeschimpfung – und das Publikum schimpft dann eben ab und zu fleißig gegen uns zurück“, erzählt die 24-Jährige.

Rinks studiert in Potsdam und lebt in einer WG nahe dem Bahnhof Charlottenhof. „Das ist da, wo an Ostern ein schwarzer Deutscher als ‚Nigger‘ beleidigt und dann ins Koma geschlagen wurde.“ Die anderen Inforiot-Aktiven wohnen in Kleinstädten im Land verteilt. Kommuniziert wird meist per E-Mail.

Treueste Klientel sind die derzeit zwei Dutzend Antifa-Initiativen aus Brandenburg. Sie sind in einem Onlineadressbuch ebenso aufgelistet wie alternative Jugendklubs. Ein Kalender kündigt Konzerte, Infoabende, Diskussionen und die dann und wann stattfindenden Demonstrationen an. Für linke Jugendliche ist Inforiot ein Medium, über das sie sich austauschen können. „Vernetzung“ nennt Rinks das.

„Wir haben eine beängstigende politische Kultur in Brandenburg, gerade unter Jugendlichen“, sagt Rinks. „Viele verstehen sich zwar als unpolitisch. Wenn ich aber nachfrage, kommt raus, dass sie ‚Volksgemeinschaft‘ ganz toll finden und darin auch kein rechtes oder problematisches Konzept erkennen wollen.“ Das sei im Kern ein kulturelles Phänomen, und „darum geben wir alternativer, linker Kultur viel Platz. Um zu zeigen, dass es auch anders gehen könnte.“ CHRISTOPH SCHULZE

Inforiot-Geburtstagsparty heute ab 21 Uhr im Studentischen Kulturzentrum, Hermann-Elflein-Straße 10, Potsdam. Eintritt ab 4 Euro.