UN Klimabericht „alarmierend“

Dürreperioden in Deutschland, Wüsten in Spanien und eisfreie Alpen: Die geballte weltweite Klima-Kompetenz belegt in einem neuen Klimabericht für die Vereinten Nationen die verheerenden Auswirkungen der globalen Erwärmung

VON TARIK AHMIA

Die weltweit größte Klimastudie kommt zu dem Ergebnis, dass sich der Klimawandel nicht mehr aufhalten lässt. Lediglich das Ausmaß der Erwärmung sei noch beeinflussbar, schreiben hunderte Klimaexperten aus der ganzen Welt in einem Zwischenbericht, den sie im Auftrag der Vereinten Nationen erarbeitet haben.

„Die Studie belegt, dass der globale Klimawandel eine von Menschen gemachte Zeitbombe ist“, sagte Michael Müller (SPD), parlamentarischer Staatssekretär im Umweltministerium der taz. „Bis zum Jahr 2100 erwarten die Autoren des UN-Klima-Berichtes einen Erwärmung des weltweiten Klimas um durchschnittlich drei Grad Celsius, wenn der Ausstoß von Treibhausgasen nicht drastisch reduziert wird“, sagte Müller. Die Folgen werden auch hierzulande deutlich zu spüren sein: Schon in 60 Jahren dürften die Alpen eisfrei sein, Deutschland werde von bislang unbekannten Hitzewellen und Dürreperioden erfasst. „In den kommenden Jahrzehnten wird die Sommertemperatur in Deutschland deutlich über 40 Grad liegen“, sagt Erich Roeckner vom Max-Planck-Institut für Meteorologie, der an der UN-Studie mitgearbeitet hat. „Hitzewellen werden zum Normalfall“, sagt er. Die Landwirtschaft müsse mit schwerwiegenden Folgen rechnen. Auch die Dämme an den Küsten sind gefährdet. „Der Pegel der Nordsee wird bis 2100 um 43 Zentimeter steigen“, hat der Klimaforscher ermittelt. Gleichzeitig werde es bis dahin in Europa 80 bis 90 Prozent weniger schneien als heute. Roeckner und fünfzig weitere Kollegen aus Deutschland haben seit 2001 an dem deutschen Beitrag des zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) der UNO mitgearbeitet, der alle fünf Jahre neu erscheint. Endgültig soll der jetzige vierte Report im November 2007 verabschiedet werden.

Die IPCC-Forscher tragen in ihrer Studie seit 1988 das aktuelle Weltwissen der Klimaforschung zusammen. „Im Grunde steht da nichts Neues drin, weil alle verwendeten Informationen bereits in wissenschaftlichen Artikeln veröffentlicht wurden“, sagte Klimaforscher Mojib Latif vom Institut für Meereswissenschaften an der Universität Kiel der taz. Das politische Gewicht des UN-Klimareports ist aber nicht zu unterschätzen, denn nirgends werden die Folgen des Klimawandels von so viel wissenschaftlicher Autorität gestützt. Schwarz auf weiß bekommen auch die Mittelmeerländer in dem Report drastische Konsequenzen bescheinigt. Teile der Küsten Spaniens und Griechenlands dürften sich nach den Berechnungen in Wüsten verwandeln. In Südamerika würden die Gestalt der Küstenbereiche, der Tourismus und die Verfügbarkeit von Trinkwasser unter dem Klimawandel leiden.

„Es gibt keine wissenschaftliche Arbeit, die zeigen würde, dass ein anderer Faktor als vom Menschen verursachte Emissionen für die Erderwärmung verantwortlich sind“, erklärt Martin Claussen, Meteorologe von der Universität Hamburg.

„Die IPCC-Studie ist alarmierend“, sagt SPD-Umweltpolitiker Müller und fordert eine aktivere Rolle der Politik, um das Ausmaß des Klimawandels zu begrenzen. „Europa kann sich hier im Vergleich zu den USA oder China als weltweites Ordnungsmodell hervortun.“ Europa verfolge in den Bereichen nachhaltiger Energiepolitik, Forschung und des sparsamen Umgangs mit Ressourcen genügend Ansätze, um sich als weltweiter Vorreiter zu profilieren. „Deutschland ist hier besonders gefordert, denn hier werden 20 Prozent der globalen Umweltpatente gehalten“, sagte Müller. „Die ökologische Modernisierung nützt nicht nur dem Klima sondern würde Deutschland auch ökonomisch noch leistungsstärker machen.“