Schäuble suchte Partner

Harmonisch war die Atmosphäre auf dem ersten deutschen Islamgipfel nicht immer – aber alle wollen nun in die Oper

Schäubles Gesprächspartner sind gemäßigte Muslime, die schon vorab unter den Hardlinern für Unmut sorgten

AUS BERLIN CIGDEM AKYOL

Am Ende war fast alles eitel Sonnenschein. Die „Deutsche Islamkonferenz“ wird geschlossen die aus Angst vor Terroranschlägen abgesetzte Mozart-Oper „Idomeneo“ in der Deutschen Oper Berlin besuchen. Er selbst, so verkündete Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), der der Konferenz vorsaß, habe den „Idomeneo“ dreimal gesehen – und könne das Stück „sehr empfehlen“. Dabei war es zuvor offenbar nicht nur so sanft zugegangen. „Es war nicht immer harmonisch“, räumte Schäuble ein. „Dafür waren die Positionen zu unterschiedlich.“

Auf Einladung Schäubles kamen gestern in Berlin erstmals Vertreter der Bundesregierung und der in Deutschland lebenden Muslime zu einer Islamkonferenz zusammen. Der Dialog stand im Schatten der „Idomeneo“-Affäre und den verbalen Angriffe auf den Papst durch Muslime. Klar war da: Die Zeit der Empfindlichkeiten ist schon lange vorbei. Die Muslime stehen unter Beschuss.

In den pompösen Räumen des Charlottenburger Schlosses diskutierten 15 Muslime und 15 Vertreter von Bund und Ländern dennoch friedlich über das Verhältnis von Religion und Staat. Das erste dreistündige Treffen zwischen Regierungsvertretern und Muslimen soll Auftakt sein für einen zweijährigen Dialog.

Umstrittene Themen wie die Teilnahme von Mädchen am Schwimmunterricht, Klassenfahrten und Sexualerziehung sollen in den kommenden zwei Jahren geregelt werden. Schäuble wünscht sich einen repräsentativen Ansprechpartner, welcher der Bundesregierung immer noch fehlt. Denn die Muslime sind nicht einheitlich organisiert. „Wir brauchen einen Partner“, betont Schäuble.

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU), ein Teilnehmer des Treffens, forderte die Muslime auf, die Ermittlungen der Polizei gegen islamistische Aktivitäten stärker zu unterstützen. „Muslime sollten melden, wenn Glaubensbrüder von Gewalt schwärmen“, fordert Beckstein. Er verlangt stärkere Integrationsbemühungen von dem Muslimen. „Eine weite Wegstrecke liegt aber noch vor uns“, sagte Beckstein.

Um diese Diskussionen zu beschleunigen, soll eine ständige Vertretung aus 30 Teilnehmern einen „Gesellschaftsvertrag“ mit islamischen Organisationen entwickeln. Fünf Vertreter islamischer Dachverbände und zehn Muslime aus dem gesellschaftlichen Bereich werden in Projektgruppen vertreten sein.

Die für das Treffen ausgewählten Gesprächsteilnehmer sind Beispiele für eine gelungene Integration. Keine Rütli-Schul-Türken. Im Gegenteil. Die Anwältin Seyran Ates, die Zahnärztin Ezhar Cezairli, der Fernsehproduzent Walid Nakschbandi, die Islamkritikerin Necla Kelek, der Generalsekretär am Europäischen Integrationszentrum Berlin-Brandenburg, Badr Mohammed, der Schriftsteller Feridun Zaigmoglu, der Grünen-Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour, der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolat, der Publizist Navid Kermani – all diese Personen sind angesehene Akademiker und Intellektuelle. Sie repräsentieren aber keinen Querschnitt der islamischen Gesellschaft. Es sind vielmehr gemäßigte Muslime, die schon vorab unter den Hardlinern für Unmut sorgten.

Die Vertreter der muslimischen Dachverbände fühlen sich ebenfalls unterrepräsentiert. Deswegen sei es fraglich, ob der Zentralrat nach der Auftaktveranstaltung noch am weiteren Austausch teilnehmen werde, kündigte Aiman Mazyek, Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, an.