Undurchsichtig aus Prinzip

Trotz eindeutigem Gerichtsurteil erhöht swb ihren Gaspreis um 8,8 Prozent. Der neue Vertrag soll bloß den Richterspruch umgehen, kritisiert die Verbraucherzentrale – und rät zum Widerspruch

Von Klaus Wolschner

Rechtzeitig vor Beginn der Heizperiode erhöht der Bremer Energieversorger swb die Gaspreise um satte 8,8 Prozent auf 6,04 Cent pro Kilowattstunde. Und das, obwohl das Bremer Landgericht gerade im Mai festgestellt hat, dass die Preisanpassungsklausel der swb-Verträge rechtswidrig und damit nichtig sei. „Schamlos“ nutze die swb ihre Monopolstellung aus, kritisierte das gestern Irmgard Czarnecki von der Verbraucherzentrale. Denn die swb hatte ihren Kunden einen neuen Vertrag zugeschickt, um das Gerichtsurteil zu umgehen.

Die Preiserhöhung sei offensichtlich nicht zwingend: Andere Gasversorger wie die EWE erhöhen nicht zum 1. Oktober, obwohl ihre Preise unter denen der swb liegen. Die Verbraucherzentrale rät allen Gaskunden, sofort Widerspruch gegen die neue Erhöhung einzulegen und den Rechnungsbetrag entsprechend zu kürzen. Denn alte Widersprüche gelten für den neuen Vertrag ab 1. Oktober nicht mehr.

Das Landgericht hatte die Preisanpassungsklausel für nichtig erklärt, weil es keinerlei Transparenz für den Kunden gebe, der sich mangels Konkurrenz gegen Gaspreiserhöhungen nicht wehren kann. Die Kunden könnten ja mit Holz heizen oder Öl, hatte die swb argumentiert. Diesen Einwand hatte das Gericht mit beißender Ironie vom Tisch gewischt.

Mitte September hat die Verbraucherzentrale der swb eine „Abmahnung“ geschickt mit der Forderung, den neuen Vertrag nicht zu nutzen: Dessen Preisanpassungsklausel sei genauso wenig transparent wie die des alten Vertragstestes. „Das mag sein“, bestätigt swb-Vorstand Torsten Köhne diese Kritik. Es gebe aber keinen Juristen, der eine transparente Klausel formulieren könne, „die wirklich gerichtsfest wäre“. Während die swb beim Gas mit Hinweis auf den Wettbewerb strikt ablehnt, ihre Preispolitik transparent zu machen, zeigt das Beispiel der Fernwärme allerdings, dass sie dazu grundsätzlich in der Lage wäre.

Im Falle der Kosten für die Gasnetze prüft die Bundesnetzagentur die Angemessenheit der „Netzentgelte“. Zwischen 20 und 25 Prozent des Gaspreises machen die aus, die Tochterfirma „swb-Netze“ setzt also mehr als 100 Millionen Euro um. Wenn die Netzagentur zehn Prozent davon nicht anerkennt, wären das zehn Millionen Euro. Wie die swb Netze das verkraften kann und wie viel Gewinn sie derzeit macht – auch das ist Firmengeheimnis.

Klar ist für die swb nur: Wenn die Netzentgelte für Bremen gesenkt werden, sinkt der Gaspreis entsprechend. Dabei geht es um rund 0,2 Cent pro Kilowattstunde. Wenn die Netzentgelte der Zulieferer der swb gesenkt werden, würde dies einen zusätzlichen Preisnachlass bedeuten. Und da die Ölpreise derzeit sinken, könnte der Gaspreis zum 1. Januar 2007 trotz Mehrwertsteuererhöhung sogar geringfügig fallen.

Andernorts scheinen die Energieversorger flexibler: Vattenfall senkt seine Strompreise in Hamburg um 7,8 Prozent wegen der Festsetzung niedriger Netzentgelte. Und der niederländische Konkurrent Nuon bietet dort Gas zum Preis von 5,5 Cent an – ohne Preiserhöhung.