Pendler bleiben auf der Strecke

Mit einem vierstündigen Streik sorgen die Bahn-Gewerkschaften für lange Wartezeiten im Regional- und Fernverkehr. Davon betroffen sind zehntausende Berufspendler. Weitere Aktionen soll es in Berlin nicht geben – zumindest nicht in dieser Woche

VON NINA APIN

Ein vierstündiger Warnstreik der Bahngewerkschaften legte gestern Morgen den Zugverkehr im Großraum Berlin lahm. Mehrere zehntausend Berufspendler kamen zu spät zur Arbeit. Nach Angaben der Bahn sei es bei rund 30 Fernzügen, 100 Nahverkehrs- und 30 Güterzügen zu Verspätungen gekommen. Teils fuhren am Hauptbahnhof Regionalzüge bis zu 2 Stunden später als geplant ab, Fernzüge verzögerten sich bis zu 90 Minuten. An vielen Schaltern bildeten sich lange Schlangen. Laut Bahn konnten sich Reisende die Verspätung für den Arbeitgeber bescheinigen sowie die Fahrkarten kostenlos umtauschen oder erstatten lassen.

Die Arbeitsniederlegungen, an denen sich nach Gewerkschaftsangaben rund 200 Bahn-Beschäftigte beteiligten, hatten am frühen Morgen um 3 Uhr im ICE-Werk Rummelsburg begonnen. Sie dauerten bis 7 Uhr an. Von den Ausständen seien auch die Betriebsleitstelle Pankow und die Reisezentren im Haupt- und Ostbahnhof betroffen gewesen, nicht aber die S-Bahnen.

Die vierstündige Aktion in Berlin ist Teil eines bundesweiten Warnstreiks, zu dem die Gewerkschaften Transnet und GDBA aufgerufen hatten. Hintergrund sind gescheiterte Tarifverhandlungen zur Beschäftigungssicherung bei der Deutschen Bahn. Die Gewerkschaften fordern, dass auch im Fall eines Börsenganges des Unternehmens eine Beschäftigungsgarantie für die rund 130.000 Bahn-Mitarbeiter gelten solle. „Ziel des Warnstreiks ist eine Arbeitsplatzsicherung der Mitarbeiter bis 2010 – und zwar unabhängig davon, ob das Schienennetz privatisiert wird oder nicht“, sagte Transnet-Sprecher Michael Klein. In den vergangenen beiden Wochen waren bei mehreren Aktionen in ganz Deutschland rund 20.000 Bahn-Beschäftigte auf die Straße gegangen.

Mit „Unverständnis und Verärgerung“ reagierte der Berliner Fahrgastverband Igeb auf die gestrige Streikaktion. Der Vorsitzende Christfried Tschepe bezeichnete prophylaktische Streiks als „in keinem Fall akzeptabel“. Tschepe erinnerte die Gewerkschaft daran, dass die Kunden die wichtigste Lobby der Bahn seien.

Die Fahrgäste reagierten unterschiedlich auf die Warnstreiks. Neben Verärgerung zeigten manche Verständnis für das Anliegen der Streikenden. Die von der Deutschen Bahn eingerichtete kostenlose Telefonhotline wurde mit Anrufen betroffener Fahrgäste überrannt. Erst gegen Nachmittag waren die Leitungen wieder frei. „Es bestehen keine Einschränkungen mehr, der Verkehr läuft wieder völlig normal“, sagt zu diesem Zeitpunkt eine Mitarbeiterin.

Die Gewerkschaften wollen ihre Aktionen fortsetzen, bis Bewegung in die gescheiterten Tarifverhandlungen kommt. Bis Mitte Oktober sollen wechselnde Orte im gesamten Bundesgebiet bestreikt werden. Für Berlin schloss GDBA-Pressesprecher Uwe Reitz weitere Warnstreiks aus – „zumindest für diese Woche“.

Die Bahn erteilt unter der Nummer 0 80 00-99 66 33 kostenlos Auskunft über Verspätungen wegen der Streiks