Polizei entdeckt Blasphemie

Wegen einer Skulptur mit Kardinalshut und Sprengstoffgürtel wird Strafanzeige gestellt

Die Off-Galerie „Foto-Shop“ in der Invalidenstraße, deren aktuelle Ausstellung unter dem Motto „Un-Dis-Position“ steht, ist in den Schlagzeilen. Eine Skulptur, die drei der elf Künstler in ih- rem Schaufenster zusammenstellten, gilt als „andauernde Störung der öffentlichen Ordnung“. Das geht aus der Strafanzeige hervor, die die Polizei selbst gestellt hat. Ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen §166 Strafgesetzbuch „Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen“ wurde eingeleitet.

Das Corpus Delicti ist eine weibliche Schaufensterpuppe mit Totenschädel. Sie trägt das Ornat eines Nikolauses samt Kardinalshut und Kreuz. Um ihren Bauch ist ein Sprengstoffgürtel gebunden. Weitere Versatzstücke, die in der Nähe der Figur drapiert sind: eine ausgeschnittene Dollarnote mit dem Aufdruck „In God we trust“ sowie eine Seite aus dem Buch „Kriminalgeschichte des Christentums“ mit dem Zitat des Papstes Calixtus III., in dem er Mohammed einen „Sohn des Teufels“ nennt und zur Vernichtung der Muslime aufruft. Die religiös aufgeladenen Symbole, die die sich verschärfende Konfrontation zwischen dem christlichen Westen und der muslimischen Welt thematisieren, wurden auf trashige Weise zusammengefügt. Als „Persiflage oder Kritik“ verstehen die drei Urheber das, noch nicht einmal als Provokation.

Diese Skulptur aber hat die Polizei auf den Plan gerufen. Bis zur Klärung des Falls sind die Galeristen der Forderung nachgegangen, das Kreuz und den Kardinalshut zu entfernen. Die eigentliche Frage, die es indes zu klären gibt: Was darf Kunst wegen der aktuellen Indisponiertheit der Gesellschaft eigentlich nicht mehr? Und wenn nicht, warum nicht? ws