UN-Sanktionen gegen Sudan: ein Witz

Zuständiges Komitee der UNO zeichnet düsteres Bild von der Nichteinhaltung und Nichtüberwachung der Strafmaßnahmen gegen Kriegsverbrecher in Darfur und dem UN-Waffenembargo. Letzteres wird von allen gebrochen. Kontrollen gibt es nicht

von DOMINIC JOHNSON

Personengebundene Sanktionen zu verhängen ist schwieriger, als es aussieht. Ein knappes halbes Jahr, nachdem der UN-Sicherheitsrat erstmals vier mutmaßliche Kriegsverbrecher aus dem sudanesischen Darfur mit Strafmaßnahmen belegte, stellt das für die Überwachung von Sudan-Sanktionen zuständige UN-Expertenpanel fest, dass man kaum etwas über die vier weiß. Im neuesten Bericht des Panels, der jetzt veröffentlicht worden ist, findet sich erstmals ein Foto von einem der vier – Musa Hilal, Kommandeur der für zahlreiche Kriegsverbrechen in Darfur verantwortlichen regierungstreuen Janjaweed-Milizen. „Das Panel hat keine Fotos oder andere Identitätsmerkmale der anderen drei genannten Personen“, bedauert der Bericht. Sudans Regierung habe die erwünschten Informationen nicht geliefert.

So rätseln die UN-Experten, was aus Generalmajor Garraf Mohammed Elhassan geworden ist, Kommandeur der Regierungsarmee für die „Militärregion West“. Er soll jetzt „in irgendeiner anderen Funktion“ für die Regierung arbeiten – welche, weiß die UNO nicht. Zu Adam Yacub Shant, einem Kommandeur der Darfur-Rebellengruppe SLA (Sudanesische Befreiungsarmee), heißt es: „Sein Aufenthaltsort ist unbekannt.“ Und Gabril Abdul Kareem Badri, Feldkommandeur der „Nationalbewegung für Reform und Entwicklung“, könnte eventuell im Tschad leben und die dortige Staatsbürgerschaft erhalten haben. Das habe Tschad bestritten.

Internationale Forderungen nach einer Ausweitung der personenbezogenen Sanktionen gegen Sudan müssen sich also mit der derzeitigen Unmöglichkeit ihrer praktischen Umsetzung auseinandersetzen. Auch in anderen Bereichen fällt der neueste UN-Bericht ein vernichtendes Bild über die Einhaltung der Sanktionsbeschlüsse zu Darfur – dazu gehören seit Juli 2004 ein Waffenembargo gegen Darfurs Rebellen und die Janjaweed-Milizen sowie seit März 2005 ein Verbot für Sudans Regierung, ohne UN-Genehmigung Truppen und Militärmaterial nach Darfur zu verlegen. Wie schon in ihrem letzten Bericht Ende 2005 stellen die UN-Experten fest, dass die Rebellen sich weiterhin unkontrolliert über Tschad, Libyen und Eritrea ausrüsten. Sudans Regierung habe ihrerseits kein einziges Mal um eine UN-Erlaubnis zum Transfer von Militärkapazität nach Darfur gebeten, und „beharrt darauf“, so die Experten, dass sie das auch nicht muss.

„Die Regierung des Sudans verletzt weiterhin das Waffenembargo, indem sie Ausrüstung und Waffen nach Darfur verlegt, die Janjaweed mit Waffen und Munition versorgt und von den Janjaweed sowie tschadischen Rebellen unterstützt wird, damit Sudans Streitkräfte Rebellengruppen angreifen können“, kritisiert das UN-Panel. Die Rebellen wiederum versorgen sich aus den Nachbarländern: „Die Grenze des Sudans zu Tschad, der Zentralafrikanischen Republik und Libyen ist sehr lang und wird vom Zoll nicht bemannt.“ Auf sudanesischer Seite seien die Grenzkontrollen zum Tschad im Jahr 2003 eingestellt worden; auf tschadischer Seite gebe es nur noch in der Grenzstadt Adré Kontrollen.

In Sudans wichtigstem Hafen, Port Sudan am Roten Meer, würden Importe für Militär und Polizei ohne Zollkontrolle durchgewunken, und es gebe keinerlei Kontrollen darüber, wo eingeführtes Rüstungsmaterial zum Einsatz komme. Die Experten berichten, wie sie mit eigenen Augen die Entladung von Regierungssoldaten, Waffen und Militärfahrzeugen auf Flughäfen in Darfurs mit ansahen. Außerdem verwende Sudans Regierung weiterhin „für Luftaufklärung oder offensive Militärflüge“ weiße Flugzeuge und Hubschrauber, die eigentlich internationalen Organisationen vorbehalten seien – UNO, UN-Hilfswerken, Afrikanischer Union.

Neben einer Reihe von Vorschlägen zu besserer internationaler Kontrolle des Waffenembargos machen die UN-Experten ein paar ganz praktische Anmerkungen. So hätten sie gerne für ihre Kontrolltätigkeit Mehrfachvisa vom Sudan. Außerdem wollen sie nicht der in Darfur geltenden nächtlichen Ausgangssperre unterworfen sein. Denn vor allem nachts finden illegale Rüstungslieferungen statt, und bei Ausgangssperre kann das niemand ohne Erlaubnis sehen. So einfach kann es sein, ein Embargo auf praktischer Ebene zu unterlaufen.